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ob reinlich, ob schmutzig, gilt gleich. Hier kommt das Männchen
angeflogen mit einem Strohhalm so lang, daß es ihn kaum fortschaffen
kann und damit in der Luft hin- und hertorkelt. Das Weibchen hat
unterdessen an einem Wandnagel ein Stückchen verwitterten Bind—
faden erspäht, der vor Jahren zur Befestigung eines mittlerweile
eingegangenen Weinstocks diente. Mit allem Eifer macht es sich an
die Arbeit, den Faden abzulösen, was gar nicht so leicht ist; denn der
Vogel hat nicht die nötige Sitzgelegenheit. Er klammert sich an die
Wand auf dem rohen Bewurf an und zieht mit Macht am Fadenende.
Aber, o weh, er versieht es und überschlägt sich nach hinten und
baumelt, mit dem Schnabel den Faden festhaltend, in der Luft. Nach
vieler Mühe endlich wird das Strickchen zerfasert und stückweise ein—
getragen. In jener Kammer nach dem Hofe hinaus hat die Magd
ihre Haare geordnet; sie öffnet das Fenster und wirft einen Ballen
ausgekämmter Haare heraus. Langsam schwebt er zur Erde; aber
bevor er den Boden erreicht, hat ihn ein Spatz erblickt und fängt ihn
triumphierend in der Luft auf. Nach und nach kommt so ein
unglaublich liederlicher Klumpen von allerlei Zeug zusammen, den
das Sperlingspärchen unverschämt genug ist, für ein Nest zu halten
und zu erklären.
Oft aber gestaltet sich der Vorgang des Nistens und des Nestbaues
anders, und es kommt dabei häufig genug der niederträchtige, eigen—
süchtige Charakter des Sperlings so recht zum Vorschein. Hinter dem
Hause im Garten in dem dichten Stachelbeerbusche hat ein Grasmücken⸗
pärchen angefangen, mit Redlichkeit und Eifer sein Nestchen zu bauen,
das beinahe vollendet ist. Da bemerkt es der Sperlingshahn, der dort
herumstrolcht, und denkt sich: Ja, sieh mal an! Da ist eine bequeme
Einrichtung, das viele hübsche Heu und die Federchen, das kommt uns
extra zupaß! Und ohne lange zu fragen, langt er zu und vernichtet
die saubere Arbeit der wehrlosen, bescheidenen Grasmücke. Ein
anderes Mal sticht ihm im Vorfrühling das behagliche Nestchen der
verreisten Schwalbe unter dem Dachkasten in das Auge. Hm! ein
Haus, das leer steht und von seinen Eigentümern verlassen ist, ist
gewissermaßen herrenloses Gut nach Kriegsrecht, und die ganze Welt
lebt eigentlich mit mir immer auf dem Kriegsfuße. Folglich darf ich
auch immer nach Kriegsrecht verfahren; also, Frau, beziehen wir diese
Schwalbenmansarde. Die Nistkästchen, die ein Vogelliebhaber für
ganz andere Leute aufgehängt hat, nimmt er den Rotschwänzchen vor
dem Schnabel weg.
Ist endlich das Nest fertig gebaut oder ein fertiges gestohlen, so
legt das Weibchen 4507, meistens 526 Eier hinein die innerhalb