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Berichte, welche diese Schriften zum Lieblingsbuche großer Feldherren ge¬
macht hat, ist Einförmigkeit und Külte durch Einschiebung kurzer Reden
und Hervorhebung persönlicher Züge (z. B. der Gespräche dec Soldaten,
der Berufstreue manches Fahnenträgers) glücklich vermieden. _ Und diese
in der Form so hochstehenden Schilderungen wurden von Cäsar inmitten
des Waffengetümmels, oft auf seinen eiligen Reisen mit größter Leichtig¬
keit entworfen ebenso wie seine übrigen Schriften, welche teils gramma¬
tische Fragen behandeln, teils astronomische Aufgaben lösen. —
Wenn Cäsar bei seinen Aufzeichnungen mehr den Zweck verfolgte
Materialien für den künftigen Geschichtschreiber zusammenzustellen, tritt
uns in Salluft ein Historiker entgegen, der eine abschließende Dar¬
stellung in derselben Weife wie Thucydides zu geben versuchte. Mit
großer Kunst weiß er den Charakter seiner Helden zu entwickeln. Wir
besitzen von ihm nur noch die Beschreibung des jugurthi nisch en
Krieges und der c a t i l i n a r i s ch e n V e r s ch w ö r u n g, während sein
bedeutendstes Werk, die Historien, welche die Zeit des Sulla und
Pompejus behandelten, verloren gegangen ist. — Ungefähr in derselben
Zeit schrieb Cornelius Nepos Lebensbeschreibungen berühmter Männer;
dieses Werk ist nicht mehr vorhanden und die 22 Biographieen aus¬
gezeichneter Feldherren, welche heut unter seinem Namen gehen, sind
wahrscheinlich nur ein Auszug aus dem größeren Werke. — Unter den
Geschichtschreibern der augusteischen Zeit ragt Livius hervor, der eine
umsassende römische Geschichte von der Erbauung der L-tadt bis zur
Regierung des Augustus in 142 Büchern verfaßte; leidet ist ein be¬
deutender Teil untergegangen. Er ergriff seine große Aufgabe mit Ernst
und ausrichtiger Vaterlandsliebe und so durchweht seine Erzählung stets
eine anziehende Wärme. Von der Größe und Würde seines Volkes ist
er ganz durchdrungen; das hindert ihn aber nicht auch ben Feinden
(z. B. bem Hartnibal) gerecht zu werben. Seine Darstellung erhält da-
burch besonbere Lebhaftigkeit, baß er seinen Personen öfters Reben in
ben Munb legt, bie sie allerbings nicht gehalten haben, welche aber bem
Charakter berfelben geschickt angepaßt sinb. Besonbers glücklich ist er
barin, für jeden Zeitabschnitt den richtigen Ton zu finden; die Sagen¬
geschichte behandelt er in einem säst poetischen Gewände; daraus gleicht
seine Sprache der kindlichen Einfachheit der Chroniken; wenn er Verträge,
Gebete und Weissagungen anführt, so bedient er sich altertümlicher Sprach-
Wendungen; in der Schilderung der Samnitenkriege und des zweiten
punischen Krieges erreicht er eine fast dramatische Beweglichkeit. Aus¬
gezeichnet ist er ferner noch durch die Innigkeit des religiösen Gefühls
und sittliche Hoheit.
Auf das goldne Zeitalter römischer Litteratur in der Zeit des Au-
gustus folgte unter dem Kaiser Trajan noch ein silbernes, dessen Haupt¬
vertreter der Geschichtschreiber Tacitus ist. Er schließt sich an die
großen Vorgänger an, bildet aber feine Sprache zu einer eigentümlichen
ausdrucksvollen Kürze aus, welche zwar großartig und kühn, aber doch
auch zuweilen dunkel und unklar ist. Sein erstes Werk war eine