Full text: Die neuere Zeit (Bd. 3)

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Spanier ganz in Phantasieen und inneren Anschauungen; er glaubte 
Christum, die Mutter Gottes, selbst das Geheimnis der Dreieinigkeit an¬ 
zuschauen. Seit einer harten Pilgerfahrt nach Jerusalem wurde ihm 
auferlegt, wenn er seinem Drange, die Ungläubigen zu bekehren, nachleben 
wolle, sich Bildung, Gelehrsamkeit zu erwerben. Mit eiserner Willens¬ 
kraft erlernte der gereifte Mann die Elemente der Wissenschaft; in Paris 
verband er sich auf der Universität mit mehreren andern zur Bekehrung 
der Sarazenen, oder, wenn dies nicht ausführbar sei, zum Gehorsam 
gegen die päpstlichen Befehle ohne Lohn noch Bedingung. Die erstere 
Gründung des Absicht wurde vereitelt; in Rom entstand nun die „Gesellschaft Jesu", 
Jesuitenordens ein Mönchsorden ganz eigener Art. Jedes Mitglied gelobte „alles zu 
1537. thun, was ihm der jedesmalige Papst befehlen würde, in jedes Land zu 
gehen, zu Türken, Heiden und Ketzern, in das er ihn senden werde, ohne 
Widerrede, ohne Bedingung und Lohn, unverzüglich." Eigentümlich wie 
dieses Gelübde unbedingten Gehorsams war die Verfassung, die Loyola 
dem Orden gab. Sie trug ein vorzugsweise kriegerisches Gepräge. An 
Verfassung der Spitze stand der Ordensgen eral, der nur dem Papste untergeben 
des Ordens, war. Unter ihm standen die Professen (Oberen), die sich zu fort¬ 
währenden Reisen im Dienste des Papstes verpflichten mußten, die geist¬ 
lichen Coadjutoren, Priester mit wissenschaftlicher Vorbildung, die 
sich dem Unterricht und der Erziehung der Jugend widmeten;*) dazu 
wurden in allen Ländern Kollegien eingerichtet. In diesen wurden die 
Scholastiker als der Nachwuchs des Ordens herangebildet, aber auch 
Laien aufgenommen. Auch weltliche Coadjutoren gab es, welche, 
ohne eigentlich Ordensmitglieder zu sein, die Gesellschaft unterstützten. — 
Neben dieser Verfassung waren noch zwei Grundsätze von höchster Be¬ 
deutung: die Jesuiten vermieden alle klösterliche Tracht, gemeinschaftliche 
Andachtsübungen und unwesentliche Cermonieen, um ganz ihrer Aufgabe 
zu leben, und prüften Befähigung und Neigung ihrer Mitglieder sehr 
sorgfältig, um jeden an den rechten Platz zu stellen; der eine wurde zum 
Prediger bestimmt, ein anderer zum Beichtvater, ein dritter zum Lehrer 
oder Gelehrten. Auf das strengste wurde jedes Mitglied von Verwandten, 
Freunden, jedem Umgange abgesondert, um ausschließlich dem Orden 
zu leben. 
Der äußere wie innere Erfolg des Ordens war ein nn- 
Ausbmtung ermeßlicher; bald hatten die Jesuiten in allen europäischen und vie- 
des Ordens, len überseeischen Ländern ihre Kollegien und Häuser**); ganze 
Staaten beherrschten sie mittelbar oder unmittelbar. Auch der 
Stillstand und die rückläufige Bewegung im Protestantismus 
war ihr Werk. 
*) Eins der wichtigsten Institute und den Jesuiten eigen, auf welchem 
der Flor der Gesellschaft beruhte. (Ranke). 
**) Beim Tode Loyolas (1556) hatte der Orden schon in 72 Provinzen 
über 100 Kollegien, mehr als 1000 Mitglieder und Missionen in China, 
Ostindien, Südamerika, Afrika.
	        
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