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Maximilians
Pläne
scheitern.
Philipp II.
1555—98.
Zustände in
den Nieder¬
landen.
sogar, den Tod des Sultans zu einem Angriffe zu benützen. Das
Heer, das den Feind nicht einmal gesehen hatte, ließ er bald aus¬
einandergehen. — Auch die streitenden Neligionsparteien zu ver¬
söhnen gelang ihm nicht. Währender anfänglich den Protestantis¬
mus offen begünstigt hatte, ließ er sich, abgestoßen von den
nichtigen Zänkereien, durch die Aussicht auf eine Familien¬
verbindung mit Philipp II. von Spanien allmählich wieder mehr
auf die Seite des Katholizismus ziehen. Damit schwand die Aus¬
sicht auf eine kirchliche Versöhnung vollständig. Deutschland
wurde der Kampfplatz der drei sich hart bekämpfenden Kon¬
fessionen: der katholischen, lutherischen, reformierten. Der
religiöse Streit übertrug sich auch auf das staatliche Gebiet; so
mußte das in sich entzweite Reich der Auflösung entgegen¬
treiben.
8. Die Reformation in Europa,
a. Der Abfall der Niederlande.
§. 42. Als Philipp II. die Regierung Spaniens, der Niederlande
und Neapels empfing, war er der mächtigste Herrscher in Europa. Er
verfügte über das erprobteste Heer unter kriegskundigen Feldherrn, die
bedeutendste Flotte, die reichsten Einkünfte (sowohl aus den Goldländern
Amerikas als aus den Steuern seiner niederländischen Provinzen). Und
diese ererbte Macht verband er noch mit der seiner Gemahlin, der
englischen Königin Maria, die allen seinen Ratschlägen folgte.
So schien er der Freiheit Europas gefährlich werden zu können. Zwar
kein unbedeutender Mann, hatte er doch nicht den staatsmännischen Blick
für erreichbare Ziele. In Spanien aufgewachsen, hatte er die Eigenart
dieses Volkes angenommen; er war stolz und verschlossen, grausam und
hartnäckig, kurz, er besaß keine Eigenschaft, die ihm die Liebe seiner Unter¬
thanen erworben hätte. Aber er war auch wenig darauf bedacht, sich
beliebt zu machen. Seine Ansicht von der göttlichen Abstammung seiner
Würde ließ ihn selbst das Wohl seiner Länder hintenansetzen, wenn nur
sein Wille durchgesetzt wurde. Sein höchstes Streben war, die Ketzerei
in seinen Staaten auszurotten, besonders in den Niederlanden, wo sich
die reformierte Lehre, begünstigt von einer eigentümlichen Verfassung, immer
weiter ausgedehnt hatte.
§. 43. Die Niederländer hatten schon unter den tmrgundischen
Herrschern große politische Freiheiten besessen; Maximilian I. und Karl V.
hatten dieselben vorsichtig zu beschränken gesucht; aber vergeblich. Die
Bürger der reichen Handelsstädte hatten ihnen selbst mit Waffengewalt
getrotzt; einen solchen Aufstand der Stadt Gent hatte Karl V. mit Glück
niedergeschlagen und mit Strenge bestraft; aber den Unabhängigkeitssinn