Full text: Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Mittelalters (H. 2)

4. Bilder aus der Völkerwandrung. 
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4. Bilder aus der Völkerwandrung. 
Die Hunnen. Im Jahre 375 erschien ein wildes Volk an den 
Grenzen Europas und erstritt sich neue Wohnsitze. Dieses Volk waren 
die Hunnen. Aus der Mongolei kamen sie. Sie lebten meist auf ihren 
Rossen; zu Roß hielten sie ihre Beratungen; rohes Fleisch ritten sie 
mürbe und genossen es. Furchtbar war ihr Aussehen und wild ihre 
Sinnesart. Zuerst stießen sie aus die Goten, die aus ihrer skandinavischen 
Heimat über die Ostsee iu die Weichsel- und Dnjeprniedernngen bis zum 
Schwarzen Meere, sogar bis Konstantinopel gewandert waren. Lie be¬ 
siegten diese, nahmen ihnen Wohnplätze ab und zwangen sie, ihnen Heeres¬ 
folge zu leisten. In Ungarn nahmen sie Standquartier. Bon dort zogen 
sie durch Germanien, Gallien und die Besitzungen des Römischen Reiches. 
Brennende Städte und Dörser bezeichneten ihren Weg. 
Ter mächtigste und zugleich der furchtbarste König der Hunnen war 
Attila. Etzel wird er in der Sage genannt, Gottes Geißel nannten 
ihn die Christen. Klein und häßlich von Gestalt, einfach und mäßig, 
hart, doch gerecht, fesselte er durch die Gewalt seines Wesens die ihm 
untergebenen Völker zur festen Treue an sich; als Feldherr handelte er 
rasch und kühn. Um die Mitte des 5. Jahrhunderts zog er verheerend 
durch Germanien und Gallien bis zur Marne. Dort trat ihm der große 
römische Feldherr Aetius entgegen und schlug ihn im Jahre 451 auf 
den Katalaunifchen Feldern, nördlich von Chalons an der Marne, 
mit Hilfe von Franken und Goten so entscheidend, daß er schleunigst 
den Rückzug nach Ungarn antrat1). 
Im folgenden Jahre erschien er mit neuen Streitkräften in Ober¬ 
italien. Rom war in Gefahr. Da stellte sich Papst Leo der Große 
an die Spitze einer Gesandtschaft, die in das Lager Attilas reiste, um 
Schonung für die Stadt zu erbitten. Seuchen, die in Attilas Heere 
wüteten, unterstützten mächtig die Bitte des römischen Hohenpriesters. 
Attila zog sich nach Ungarn zurück. Ein Jahr daraus starb er eines 
jähen Todes im Jahre 453. Mit seinem Tode zerfiel sein Reich, weil 
die untergebenen Germanen sich befreiten. Die Hunnen konnten nicht 
aufbauen, sie konnten nur zerstören. In die Steppen des Schwarzen 
Meeres wurden sie zurückgetrieben. Dreiviertel Jahrhundert haben sie 
die Völker Europas in Schrecken gehalten. 
Alarich. Die hunnische Wandrung hatte eine ganze Reihe von 
Völkerstämmen aus ihren Sitzen aufgescheucht. Die einen vertrieben die 
andern, und die Vertriebenen suchten sich neue Wohnstätten. Das Römische 
l) Die Sage verlegt die Schlacht in die Nähe Roms und erzählt, es sei mit 
solcher Erbitterung gekämpft worden, daß die Geister der Erschlagenen in der Luft 
weiter gestritten hätten. Diese Sage hat Kaulbach als Vorwurf zu seinem be¬ 
rühmten Wandgemälde „Die H unnenlchlacht" im Treppenhause des Neuen 
Museums zu Berlin benutzt.
	        
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