Full text: Kurze Lebensbilder aus der Geschichte besonders aus der Vaterländischen

§. 648. 
Das Zeitalter Philipps II. und Elisabeths. 
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Ruhnken und Valckenaer wirkten in seinem Geiste fort), ferner Perizonius (1651—1715), 
Prof. in Leyden, der in seinen „historischen Anmerkungen", einem Werke voll der feinsten und 
scharfsinnigsten Bemerkungen, zuerst gelehrt hat, die Ueberlieferung vorurtheilslos, frei und kritisch 
anzusehen, und die Unsicherheit der frühesten Geschichte Roms nachwies. Die Buchdrucker¬ 
kunst, schon in den Tagen Gnttenbergs inHolland bekannt, janach einigen Angaben dort zuerst erfun¬ 
den durch LorenzJanszoon Coster von Haarlem (+. o. 1439 vgl. §. 539), hob sich besonders durch 
die Familie Elzevirii in Amsterdam und Leyden; die schönen dünste standen in hoher Blüthe 
itz. 558). Aber der Nerv der Nation blieb der Handel. Die ostindische Compagnie setzte den 
Kampf mit den Portugiesen und Spaniern mit Erfolg fort. Im Anfang des siebzehnten Jahrhunderts 
faßten die Niederländer festen Fuß auf Amboina, einer der Molukkischen Inseln, und 
behaupteten sich dort (nicht ohne Härte und Grausamkeit) gegen die Engländer und Portugiesen 
mit solchem Glück, daß in Kurzem der ganze Handel mit Gewürznelken in ihre Hände kam. 
Mittelpunkt ihres ostindischen Handels wurde das neugegründete Batav ia auf der Insel Java; 
auch Ceylon und Malacca wurden den Portugiesen entrissen, und durch Eroberung von Ne- 
gapatnam, Cochiu u. a. O. brachten sie um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts den einträglichen 
Pfefferhandel an sich. Durch die beim Wiederausbruch des Krieges mit Spanien gegründete west¬ 
indisch e Compagnie machten sie Eroberungen in Brasilien (die jedoch durch Selbstsucht und 
Zwietracht bald wieder verloren gingen), legten Colonien an der neuentdeckten Hudsousbay an und 
fügten der spanischen Monarchie beträchtlichen Schaden zu, indem durch den Zwischenhandel der Hol¬ 
länder die spanischen Zolleinnahmen gemindert und der Credit geschwächt und zugleich ihre Galeeren 
und Wagenladungen weggefangen wurden. Auf dem Cap gründeten sie eine Ackerbancolonie. 
Aber die unmenschliche Härte, womit sie ihren Alleinhandel (Monopol) zu befestigen suchten, 
machte sie allenthalben verhaßt. Ihre Handelsgrundsätze waren nicht minder von Gewinnsucht 
geleitet, wie die der Spanier und Portugiesen. In den nördlichen Gewässern erwarben sie den 
Häring- und Wallfischfang und durch Trockenlegung inländischer Seen und Moräste ge¬ 
wannen sie urbares Land zu Schafweiden und Hanfbau, was den innern Betrieb bedeutend 
beförderte. So schuf die Freiheit und Unabhängigkeit, die in den Bewohnern Rührigkeit und 
Selbstvertrauen weckte, das unscheinbare Land zu einem blühenden Staate um. Nur Schade, daß 
Gewinnsucht und ein kleinlicher Handels- und Krämergeist die höheren Interessen allmählich 
zurückdrängte und eine engherzige Politik herbeiführte. 
§. 648. Die Dordrechter Synode 1618. Kaum war der von Oldenbar- 
neveld und der republikanischen Partei begünstigte, von dem Statthalter Moritz von 
Oranien lange hintertriebene Waffenstillstand mit Spanien abgeschlossen, so ge- 
rieth die niederländische Republik durch einen Religionsstreit in die größte Aufregung. 
Arminius (f 1609), Prof. in Leyden, ein Anhänger der Ansichten Zwingli's, 
strebte nach einer nähern Verbindung von Kirche und Staat und suchte Calvins strenge 
Lehre von der Gnadenwahl nach dem natürlichen Gefühle der Freiheit zu mildern. 
Seine Meinung ward von den Republikanern der Provinz Holland, besonders dem 
wackern Oldenbarneveld und dem gelehrten Hugo deGroot (Grotius), Pensionär 
(Anwalt) von Rotterdam, angenommen. „Bildung und Duldsamkeit, Handelsrücksichten 
und Weltverkehr, der politische Grundsatz, daß die Kirche unter der Staatsgewalt stehen 
müsse, zog das Patriziat auf diese Seite." Dagegen verfocht Armins Amtsgenosse G o- 
marus den Calvinismus sowohl in ver Lehre von der Gnadenwahl (Prädestination) 
als in der Scheidung der demokratisch eingerichteten Kirche von der Staatsgewalt. Zu 
seiner Ansicht bekannte sich die Mehrheit der größtentheils in Genf gebildeten Geistlichen 
und des von ihnen geleiteten Volks, und auch der Statthalter schloß sich ihnen an, weni¬ 
ger aus Ueberzeugung, als aus Haß gegen die Republikaner, die seinem Streben nach 
ausgedehnterer Gewalt entgegen waren. Umsonst baten die bedrängten Arminianer 
in einer den Ständen von Holland überreichten Vorstellung (Remonstranz, daher 
Remonstranten) um Glaubensfreiheit; die mächtige Partei der Gomaristen be¬ 
kämpfte die Eingabe durch eine Gegenschrift (Contraremonstranz, daher Con- 
traremonstranten) und setzte die Bedrückung fort, was die von Oldenbarneveld ge¬ 
leiteten holländischen Stände bewog, die verfolgten Arminianer in einigen Orten durch 
eine Wache beschützen zu lassen. Dies erklärte der Statthalter für einen Eingriff in seine 
1620. 
1621.
	        
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