Contents: Auswahl erdkundlicher Charakterbilder

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Landschaitsbilder aus dem Böhmerwalde. 
5. Landschaftsbilder aus dem Böhmerwalde. 
Adalbert Stifter: Studien. 10. Auflage. I. Bd. Leipzig 1888, 
Amelaugs Verlag. S. 141—145. (Unbedeutend gekürzt.) 
An der Mitternachtseite des Ländchens Österreich 
zieht ein Wald an die dreißig Meilen lang seinen Tain- 
merstreifen westwärts, beginnend an den Quellen des 
Flusses Thaya und fortstrebend bis zu jenem Grenz- 
knoten, wo das böhmische Land mit Österreich und 
Bayern zusammenstößt. Dort, wie oft die Nadeln bei 
Kristallbildungen, schoß ein Gewimmel mächtiger Joche 
und Rücken gegeneinander und schob einen derben Ge- 
birgsstock empor, der nun von drei Landen weithin sein 
Waldesblan zeigt und ihnen allerseits wogiges Hügelland 
und strömende Bäche absendet. Er beugt, wie seines- 
gleichen öfter, den Lans der Bergeslinie ab, und sie geht 
dann mitternachtwärts oiele Tagereisen weiter. 
Zwei Punkte an dem Orte dieser Waldesschwenkung 
wolle» wir kurz zu schildern versuchen. 
Wenn sich der Wanderer von der alten Stadt und 
dem Schlosse Krnman westwärts wendet, so wird ihm 
zwischen unscheinbaren Hügeln bald hier, bald da ein 
Stück Dämmerblau hereinscheinen, Grnß nnd Zeichen 
von draußen ziehendem Gebirgslande, bis er endlich nach 
Ersteigung eines Kammes nicht wieder einen andern vor 
sich sieht wie den ganzen Vormittag, sondern mit 
eins die ganze blane Wand von Süden nach Norden 
streichend, einsam und traurig. Sie schneidet einfarbig 
mit breitem, lotrechtem Bande den Abendhimmel und 
schließt ein Tal, aus dem ihu wieder die Wasser der 
Moldau anglänzen, die er in Krnman verließ: nur 
sind sie hier uoch jugendlicher und näher ihrem Ur- 
sprnnge. In dem Tale, das weit und fruchtbar ist, sind 
Dörfer herumgestreut, und mitten unter ihnen steht der 
kleine Flecken Oberplan. Die Wand ist der oben ge- 
nannte Waldesdamm, wie er eben nordwärts beugt, und 
daher unser vorzüglichstes Augenmerk. Der eigentliche
	        
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