Full text: Römische Kaiserzeit, Deutsche und europäische Geschichte bis 1789 (Teil 2)

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I Das Zeitalter der Reformation. 
Die süddeutschen Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes er- 
öffneten die Feindseligkeiten gegen Karl, der sich — noch ohne Heer — in 
Regensburg aufhielt. Johann Friedrich von Sachsen und Philipp 
von Hessen kamen ihnen zu Hilfe. Der Kaiser sprach die Reichsacht 
über sie aus und zog gegen die Wahlkapitulation (vgl. § 97) fremdes 
Kriegsvolk aus Italien und den Niederlanden an sich. Der Feldherr 
der süddeutschen Bundestruppen, Schärtlin von Bnrtenbach, riet, die 
Ehrenberger Klause zu besetzen, um den Söldnern den Eintritt ins Reich 
zu vermehren; aber sein Rat wurde nicht befolgt. An der Spitze von 
40000 Mann rückte der Kaiser den verbündeten Protestanten an der 
Donau entgegen und verschanzte sich bei Ingolstadt. Doch kam es hier 
zu keiner Entscheidung; beide Teile verloren viele Truppen durch Krank- 
heiten, und endlich wichen die Schmalkaldner nach Schwaben zurück. 
Da der Kaiser immer versichert hatte, er führe nur gegen die un- 
gehorsamen Fürsten Krieg, wolle dagegen die Religion nicht unterdrücken, 
erreichte er, daß diejenigen protestantischen Fürsten, die dem Bunde noch 
nicht angehörten, neutral blieben. Den bedeutendsten unter ihnen, den 
Herzog Moritz von Sachsen-Meißen, gewann er sogar für sich, in- 
dem er ihm die Kurfürstenwürde und einige norddeutsche Bistümer ver- 
sprach. Während Johann Friedrich m Süddeutschland stand, siel Moritz 
in Kursachsen ein und eroberte es bis auf Wittenberg. Auf die Nachricht 
hiervon kehrte der Kurfürst in sein Land zurück. Da nun auch Philipp Süd- 
deutschend verließ, fiel der Bund der Schmalkaldner auseinander. Die großen 
Reichsstädte schlössen Frieden mit dem Kaiser, der ihnen schwere Geldbußen 
auferlegte; die Fürsten von Württemberg und der Pfalz unterwarfen sich. 
Im Frühjahr 1547 hatte Johann Friedrich seinen Vetter Moritz ver- 
trieben und sein Land wiedererobert. Da wurde er auf der Lochauer 
Heide bei Mühlberg an der Elbe von dem kaiserlichen Heere uner- 
wartet angegriffen und besiegt; er selbst wurde verwundet und mußte sich 
ergeben. Wittenberg öffnete dem Kaiser die Tore, Johann Friedrich 
verlor die Kurfürstenwürde und den Kurkreis und wurde gefangen gehalten. 
Landgraf Philipp kam auf Einladung seines Schwiegersohnes Moritz nach 
Halle und unterwarf sich; er bat den Kaiser kniefällig um Verzeihung, 
wurde aber gleichfalls in Haft genommen. Der Kaiser hatte einen voll- 
ständigen Sieg erfochten. 
§ 107. Das Augsburger Interim. Bald darauf hielt Karl einen 
glänzenden Reichstag in Augsburg. Hier fand er schon bei vielen deut- 
scheu Fürsten Widerspruch, erstens, weil er dem Reich eine straffere Ver- 
fassuug zu geben versuchte, zweitens, weil er trotz wiederholter Fürbitte der 
übrigen Fürsten die beiden Gefangenen in strengem und, wenigstens Philipp, 
in unwürdigem Gewahrsam behielt. Er erbitterte sie dadurch so sehr gegen 
sich, daß sie wenige Jahre später von ihm abfielen. 
In der Angelegenheit der Religion erließ Karl das Augsburger 
Interim, dessen Bestimmungen so lange in Deutschland gelten sollten, bis 
das Konzil in Trient endgültige Beschlüsse gefaßt hätte. Es machte
	        
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