Full text: Kurfürst Friedrich I. (Bd. 1)

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fiel von Günther ab und erkannte Karl als Kaiser an. 
Nun wurde die Sache des Pilgers noch einmal untersucht, 
und auf das Zeugnis seiner Gegner hin erklärte Karl, daß 
er von dem, welcher sich Waldemar nenne, betrogen sei. 
Er belehnte nun aufs neue Ludwig mit der Mark. Die 
Anhaltiner setzten den Kampf wohl noch eine Zeit lang fort, 
waren aber dem Gegner nun nicht mehr gewachsen. Endlich 
legten sie die Waffen nieder. Den Pilger aber hielten sie 
5" Dessau in fürstlichen Ehren und pflegten ihn wie einen 
Verwandten bis zu seinem Tode. Cb er ein Betrüger, ob 
er der richtige Waldemar war, ist natürlich durch die par¬ 
teiischen Gerichte des Kaisers nicht entschieden, und auch heute 
ist man darüber noch nicht einerlei Meinung. 
8. Der schwarze Tod und die Geißler. 
Während dieser Ereignisse ging eine furchtbare Seuche 
durch die Länder Europas, suchte auch Deutschland schwer 
ljeirn und brachte in der Mark Brandenburg die Not auf den 
höchsten Gipfel. Der „schwarze Tod' , wie man diese Pest 
nannte, weil der von ihr Befallene Beulen mit schwarzen 
und blauen Flecken bekam, war aus Asien durch Südeuropa 
gezogen und hatte sich mit rasender Schnelligkeit durch ganz 
Europa verbreitet. Der Tod folgte auf der Stelle, sobald 
jene Anzeichen hervortraten, die ärztliche Kunst versagte gänz¬ 
lich; ergriff die Seuche eine ötart, so blieb oft nur der 
dritte Teil der Einwohner übrig, Dörfei starben wohl ganz 
aus. Da menschliche Hilfe versagte, so drängte sich das 
Volk in die Kirchen, um rie göttliche anzurufen, aber auch 
Gott schien kein Erbarmen zu haben. Da ergriff Verzweiflung, 
bis zum Wahnsinn gesteigert, Alt und Jung, die Furcht hielt 
alle im Banne. Die Toten wurden nicht mehr ordentlich 
bestattet; man warf sie in Gruben oder in das Wasser und 
gab so der Seuche neue Nahrung. Plötzlich erlosch diese 
wohl, flackerte dann aber eben so plötzlich wieder auf. Das 
Gefühl stumpfte sich in vielen, sonst guten Menschen so ab, 
daß sie ihre Angehörigen hinaustragen sahen, ohne ihnen zum 
Grabe zu folgen, ohne eine Thräne zu vergießen, ja, wohl 
unter Scherzen und Sachen. Andere überließen sich wilden 
Ausschweifungen; die Rohheit und Entsittlichung des Volkes 
stieg zu einer furchtbaren Höhe. Ernste Gemüter faßten die 
Krankheit als eine Geißel Gottes auf, als eine Strafe für 
die sündige Welt. Um den Zorn Gottes abzuwenden, fingen
	        
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