Full text: Sammlung vaterländischer Dichtungen

Vaterländische Dichtungen. 
Wie der sechste Tag gekommen, 
Er bereit und fertig ist; 
Doch es giebt der Herr dem Frommen 
Neue heitre Lebensfrist. 
Darum hält er an mit Beten, 
Bis der sechste Mond erscheint, 
Würd'ger stets vor Gott zu treten; 
Doch es war nicht so gemeint. 
Aber ernste Todsgedanken 
Wandeln mit ihm immerdar, 
Und so lebt er sonder Wanken 
Heilig bis ins sechste Jahr. 
Und in hoher Kirche stand er 
Leuchtend um das sechste Jahr, 
Und auf seinem Haupte fand er 
Röm'sche Königskrone gar. 
König Heinrich war's der Zweite, 
Herr von allem deutschen Land, 
Der von dort an ward bis heute 
Stets der Heilige genannt. 
Zweiundzwanzig Jahre heilig 
Herrscht' er ohne Fluch und Spott, 
An die röm'sche Sechse treulich 
Dacht' er und an Tod und Gott. 
Weil er fertig war zum Sterben, 
Hielt ihn Gott des Lebens wert; 
Weil den Himmel er konnt' erben, 
Ward ihm auch das Reich beschert. 
Gustav Schwab. 
34. Kaiser Heinrich II. im Kloster. (1023.) 
Das Haupt gebeugt, das Herz voll Leid, 
Statt Purpurmantels im härenen Kleid — 
Er trat ins Kloster statt ms Zelt, 
Der zweite Heinrich, müde der Welt. 
Die goldene Krön' und des Scepters Stab 
Trug ihm sein treuester Edelknab'.
	        
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