§ 30. Wilhelm. 71
der Kaiser von Oesterreich habe dem gleichzeitigen Kriege mit Italien da¬
durch ein Ende gemacht, daß er Venetien an Napoleon abgetreten und
dessen Friedensvermittlung angerufen habe. Während die Südarmee aus
Italien zum Schutze Wiens heranrückte, drohten die Preußen die nach Preß-
burg gezogenen Oesterreicher bei Blumenan zu umzingeln. Der Kampf
wurde nicht zu Ende geführt, da König Wilhelm in seinem Hauptquartier
zu Nikolsburg unter französischer Vermittlung am 26. Juli einen Waffen¬
stillstand schloß und zugleich die Friedenspräliminarien feststellte. Nach
weiteren Verhandlungen folgte dann am 23. August der Friede von Prag.
Oesterreich anerkannte die Auflösung des deutschen Bundes und gab seine
Zustimmung zur Neugestaltung Deutschlands, ohne sich selbst daran zu be¬
theiligen, unö namentlich zur Bildung eines norddeutschen Bundes unter
den Staaten im Norden der Mainlinie. Es verzichtete auf den Mitbesitz
von Schleswig-Holstein und zahlte 20 Mill. Thlr. Kriegskosten, da ihm
fernere 20 Mill. wegen der in den Elbherzogthümern aufgewendeten Kosten
sowie wegen der Verpflegung der preußischen Truppen in Abrechnung ge¬
bracht wurden. Sachsen war in den Frieden mit eingeschlossen. Der König
erhielt sein Land zurück; doch mußte er nach einem besonderen Vertrage
vom 21. Okt. 10 Mill. Thlr. zahlen, dem norddeutschen Bunde beitreten
und in die Feste Königstein eine gemischte Besatzung aufnehmen.
Unterdessen hatte Vogel von Falkenstein auf dem westlichen Kriegs¬
schauplätze nach der Schlacht von Langensalza die Divisionen Gäben, Beyer
und Manteusfel bei Eisenach vereinigt und den Plan verfolgt, mit dieser
„Main-Armee" die Baiern unter dem Prinzen Karl und das achte Bundes¬
armeekorps unter dem Prinzen Alexander von Hessen-Darmstadt über den
Main zurückzudrängen, was er viel mehr durch künstliche Manöver als
durch offene Schlachten bewirkte. Die Baiern wurden zunächst bei Derm¬
bach geworfen und nachdem der Uebergang über die Saale an vier Punkten,
besonders durch die Gefechte bei Hammelbur g und Kiss ingen, erzwungen
war, auf das linke Mainufer zurückgedrängt. Dann wandte sich die Main¬
armee durch den Spessart nach Aschaffenburg, welchen Ort Goben in
einem heißen Gefechte mit Oesterreichern, Kurhessen und Darmstädtern
(14. Juli) erstürmte. Zwei Tage später hielt Falkenstein seinen Einzug
in Frankfurt. Bald darauf wurde er zum Gouverneur von Böhmen
ernannt und Manteuffel übernahm den Oberbefehl über die Main-Armee.
Diese, durch preußische und andere norddeutsche Truppen verstärkt, zog theils
durch den Odenwald, theils durch den Spessart und das Mainthal gen
Würzburg, um eine Verbindung der feindlichen Armeen zu hindern, welche
übrigens durch die Schuld ihrer Führer zu einem einheitlichen Handeln nicht
gelungen konnten. Nach einzelnen kleineren Gesechten gegen die Baiern,
namentlich bei Helmstädt und Uettingen, gegen die Würtemberger und Ba¬
dener bei Tauberbischofsheim und Gersheim, erschienen die Preußen vor
Würzburg und eröffneten am 2 7. Juli ihr Feuer gegen die Feste Ma¬
rienburg. ^ Zu gleicher Zeit drang der Großherzog von Mecklenburg mit
einem preußischen Reservekorps in Ober-Franken ein und nahm am 1. August
Nürnb erg. Da wurde durch den Nikolsburger Waffenstillstand dem Kriege
auch hier ein Ende gemacht. Binnen Monatsfrist folgten zu Berlin einzelne