102 Vierter Zeitraum.
ein. Mac Mahon wagte am 1. September den Kampf; er wurde verwundet.
Napoleon und die übrigen französischen Generale beschlossen sich gefangen zu
geben.
Der friede wird geschlossen. Nach der Schlacht bei Sedan marschierte
der Kronprinz gegen Paris und schloß die Stadt ein. Dort stieg die Not bald
aufs höchste. Endlich (am 28. Januar 1871) ergab sich Paris. Einige Tage
darans zogen die Deutschen in Paris ein. Noch in demselben Jahre wurde
der Friede geschlossen. Nun ging es nach Hause. Der Kronprinz war nach
dem Friedensschlüsse wieder der einfache Soldat.
Der Kronprinz als Lehrer in der Schule zu Borustedt. Der
Kronprinz liebte die Schulen und besuchte gern Gymnasien, Seminare und
Fortbildungsschulen. Einst wohnte er dem Unterricht der dritten Klasse der Schule
zu Borustedt bei. Das Dorf Borustedt gehörte zu feiner Gutsherrschaft. Dort
wollte er den neu berufenen Lehrer kennen lernen und dann die erste Klasse besuchen.
Da kam plötzlich der Briefträger mit einer DepescheJ) an den ersten Lehrer Mathias
an. Dessen Mutter lag in einem Dorfe bei Spandau todkrank. Der Kronprinz
erfuhr den schmerzlichen Inhalt der Depesche und erklärte dem Lehrer, er sollte
sofort abreisen. „Aber meine Klasse — die Kinder", stammelte der Lehrer.
„Gehen Sie", antwortete der hohe Herr, „die werde ich übernehmen; eilen Sie
nur, damit Sie Ihre gute Mutter womöglich noch lebend antreffen.“ Und so
übernahm der Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen das Amt
des Lehrers in der ersten Klasse der Bornstedter Schule, unterrichtete und
Prüfte die Kinder bis 11 Uhr.
g. Der Kronprinz ist bemüht den Armen zu helfen. In der
Sorge des Kronprinzen für die Erziehung der Jugend sprach sich aber doch
nur seine Liebe für das Volk selbst aus. Als ein echter Sohn feiner Mutter
war er stets bemüht, den Armen zu helfen und wohlzuthun, soweit feine Kräfte
reichten. Am Tage der Feier feiner silbernen Hochzeit wurde ihm und feiner
Gemahlin eine Festgabe des deutschen Volkes im Betrage von 800 000 Mark
übergeben. Dieses Geschenk zur Verwendung für wohlthätige Zwecke machte
ihm eine überaus große Freude.
2. Krankheit, Regierung und Lebensende Friedrich Wilhelms.
Dieser gute, vom ganzen Volke geliebte Kronprinz erkrankte im Jahre
1887 an einem Halsleiden. Im fremden Lande, in Italien, suchte er Heilung
von seinem schweren Leiden. Da starb fein Vater Wilhelm I. am 9. März
1888. Sofort raffte sich der Kronprinz vom Krankenbette ans, eilte trotz der
Winterkälte aus dem fernen Süden in die Heimat und übernahm die Regierung.
Als König nannte er sich Friedrich III. Unter unsäglichen, körperlichen
1) Depesche = eilige Drahtnachricht.