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Gemahlin wurde. Das Familienleben des fürstlichen Paares wurde
erfreut durch die Geburt eines Sohnes, des nachmaligen Kaisers
Friedrich, und einer Tochter, Luise, welche später die Gemahlin des
Großherzogs von Baden wurde.
2. Als Friedrich Wilhelm IV. (1840) den Königsthron be¬
stieg, erhielt sein Bruder Wilhelm den Titel „Prinz von Preu¬
ßen" und den Oberbefehl über das ganze preußische Heer. So
war es natürlich, daß er 1848 bei dem Ausbruch eines neuen
Aufstandes in Frankreich zum Statthalter von Rheinland und West¬
falen ernannt wurde, um nötigenfalls gegen die unruhigen Fran¬
zosen vorzugehen. Auch erhielt er den Auftrag, den Aufstand in
Baden und der Pfalz zu unterdrücken.
* Hier schlug er die Aufständischen mehrmals u. a. auch bei Durlach.
Während des Gefechtes brachten einige Landbewohner dem Prinzen zur Stärkung
Brot und Wein. Da bemerkte er, wie ein Soldat in seiner Nähe begierig nach
dem Stück Brot hinblickte, welches er gerade in der Hand hielt. Die Truppen
hatten nämlich lange Zeit nichts zu essen bekommen. Rasch entschlossen brach
der Prinz bav ©tiicf S8vot burd) unb reichte bie eine 6älfte bem hunoriaeii
Soldaten mit den Worten: „Da Kamerad, iß auch!" Ein lauter ^ubel der
Soldaten folgte der That ihres edlen Führers.
3. Vom Jahre 1850 an hielt sich der Prinz von Preußen
meistens m Koblenz auf, blieb aber unausgesetzt aus die Verstärkung
und Verbesserung des Heeres bedacht. Dann rief ihn die schwere
Erkrankung seines Bruders (1857) nach Berlin, um zunächst die
Vertretung, von dem folgenden >zahre an aber als Prinzreaent
die Regierung des Landes selbständig zn übernehmen. — Der
Tod seines kinderlosen Bruders führte ihn 1861 auf den Thron.
Regent und König war Wilhelm I. darauf bedacht, die
Wehrkraft des Landes zu erhöhen. Freilich hatte er in dieser Be¬
ziehung bei den Vertretern des Volkes große Schwierigkeiten zu
überwinden, aber er setzte seine Pläne durch, und die drei siegreichen
Kriege, welche er als König geführt hat, beweisen, wie wohl er
daran gethan hat.1)
II. Der Lönig Wilhelm I. (1861-1871). — Seine Kriege.
1- D>er dänische Krieg 1864. — Nach altem Gesetze sollte
Schleswig-Holstern für immer ungeteilt bleiben. Nun machte aber
Dänemark Versuche, sich Schleswig einzuverbleiben. Da Holstein zum
deutschen Bunde gehörte, ließen Preußen und Österreich ihre Truppen
unter dem Oberbefehle des Generals von Wrangel in Holstein ein¬
rücken. Nach einem kleinen Gefechte bei Missunde aalt es das
Danewerk (eine Reihe von Wällen und Festungswerken, welche
quer durch Schleswig gezogen waren) zu erobern. Der Anführer
x) A. 337.
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