383
dazu? Er antwortete: „Ich danke dir, lieber König, für die gute Meinung, die-
du von mir hast; aber ich wünsche auch, daß du sie behaltest, darum nimm dein
Geld zurück. Du hast ganz recht, daß ich arm bin, aber dennoch bin ich glück¬
lich; denn ich werde von meinen Mitbürgern geachtet." Am folgenden Tage ließ
Pyrrhus seinen größten Elephanten hinter eine Tapete stellen und sorgte, daß
Fabricius gerade davor seinen Platz erhielt. Nach geendeter Unterredung flog der
Vorhang tn die Höhe, und brüllend streckte der Elephant seinen langen Rüssel
über den Fabricius hin. Aber Fabricius wandte sich unerschrocken um, sah das
Thier von oben bis unten an und sprach dann ruhig: „So wenig als mich gestern
dein Geld rührte, schreckt mich heute dein Elephant."
Fabricius war wieder zurück gekehrt. Da erhielt er von dem Leibarzte des
Pyrrhus einen Brief, in welchem dieser sich erbot, seinen Herrn zu vergiften
wenn ihm der Römer dafür eine gute Belohnung geben wolle. Fabricius schau¬
derte vor einer solchen Schandthat zurück. Er sandte den Brief dem Pyrrhus
selbst. Wer malt des Pyrrhus Erstaunen? „Wahrlich!" rief er aus, „eher
wird die Sonne von ihrer Bahn, als Fabricius von dem Pfade
der Tugend und Rechtschaffenheit weichen!" Er strafte den Arzt, wie
er es verdiente, und sandte den Römern zur Dankbarkeit alle Gefangenen ohne
Lösegeld zurück.
9. Hannibal's Übergang über die Alpen.
(218 v. Chr.)
Die berühmte Stadt Karthago lag auf der Nordküste Afrika's,
der Insel Sicilien gegenüber. Mit den Karthagern haben die
Römer blutige Kriege geführt. Der berühmteste Feldherr der Kartha¬
ger war Hannibal. — Nachdem der Krieg zwischen Rom und Kar¬
thago beschlossen war, erwarteten die Römer einen Angriff zur See;
aber ehe man sich's versah, stand Hannibal mit Elephanten, afrikani-
nischen Reitern und Fußvolk in Italien. Von Spanien aus war er
überden Ebro, die Pyrenäen und die Rhone gegangen und stand
im November am Fuße der Alpen. Bisher hatte das Heer alle
Mühseligkeiten willig ertragen, jetzt aber, beim Anblick der himmelho¬
hen Alpen, verloren alle den Muth. Denn ringsum starrte alles von
Eis und Schnee; zackige Felsenspitzen ragten bis in die Wolken; keine
Stadt, kein Dorf, kein gebahnter Weg über das entsetzliche Gebirge!
Aber' Hannibal verzagte nicht. Er gab Befehl, die steilen, mit Eis
bedeckten Anhöhen hinanzuklettern. Viele stürzten zurück; oft griffen
verborgene Feinde an oder wälzten Baumstämme gegen die Karthager,
daß ganze Reihen mit Pferden und Gepäck in die Abgründe stürzten.
Endlich, nach neuntägigem Klettern erreichte Hannibal den Gipfel und
ließ hier auf den Schnee- und Eisfeldern sein Heer zwei Tage ruhen.
Jetzt meinten sie die größten Schwierigkeiten überwunden zu haben;
aber das Hinabsteigen war fast noch schwieriger, als das Hinaufklet¬
tern. Viele stürzten die steilen Abhänge hinunter; oft rissen sich große
Schneebällen los und begruben ganze Schaaren unter sich. Endlich,
nach Verlauf von fünfzehn Tagen, hatten die vor Hunger und Anstren¬
gung abgezehrten Krieger die Ebenen Italiens erreicht. Aber wie
erschrak Hannibal, als er sein Heer musterte! Von seinem über 50,000
Mann starken Heere hatte er nur noch die Hälfte; von den 40 Ele¬
phanten war nur noch ein einziger vorhanden! Doch das alles konnte