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Orlando war sehr erfreut über die Menschlichkeit, mit 
welcher Rosamunde von ihrem Feinde, dem Kaninchen, 
sprach; er wußte aus eigener Erfahrung, wie kränkend es 
ist, die Früchte seiner Arbeit zerstört zu sehen. — «Ich 
will es für Dich aufsuchen, Nosamunde," sagte er, nach¬ 
dem er ein wenig nachgedacht hatte. «Ich sage nicht, daß 
es mir gelingen wird, aber ich will sehen, was sich thun 
läßt. — Ich hoffe, ich werde Deinen letzten Goldregen 
retten." 
Am andern Morgen saß schon die ganze Familie beym 
Frühstück, ehe Orlando erschien. Das warein ungewöhn¬ 
licher Umstand, denn er war in der Negel so pünktlich, 
wie die Uhr selbst. «Ich weiß, wo er ist," sagte Gott¬ 
fried ; «er ist eben nach NosamundensGarten hinunter ge¬ 
laufen, um nach etwas zu sehen." 
«DaS ist sehr gut von ihm! — Ich weiß, Du meinst 
meinen armen Goldregen!" riefRosamunde; «aber, Mut¬ 
ter, thäte ich nicht besser, hinunter zu laufen, um ihm zu 
sagen, daß es Zeit ist, sein Frühstück zu essen?» 
Rosamunde wollte eben vom Stuhl aufspringen, als 
Gottfried sie eilig mit der Hand festhielt. — «Das Et¬ 
wa S ist kein Goldregen, Rosamunde, und Du sollst nichts 
davon wissen. Es thut mir leid, daß ich zufällig etwas 
gesagt habe, denn man hat mich gebeten, nichts zu 
sagen.» 
In diesem Augenblick erschien Orlando mit einem höl¬ 
zernen Kästchen in der Hand, welches ungefähr zwey Fuß 
lang, sechszehn Zoll breit und neun Zoll hoch war. 
«Was ist daS," rief Rosamunde. 
Orlando setzte den Kasten vor ihr auf den Tisch. «ES 
ist nichts als ein alter Kasten, so viel ich sehen kann," 
sagte sie. Aber Rosamunde hatte ihn nicht recht angese¬ 
hen, sie hatte nur die Seite, die ihr zunächst war, be¬ 
trachtet. Endlich, da sie bemerkte, daß Jedermann lä-
	        
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