4. Allgemeines über Religion, Aberglauben und
Tstenbestattnng -er Germanen.
Religiöse Anschauungen und Gebräuche. Die Germanen glaubten
an ein Leben nach dem Tode. Auf Bergen, in heiligen Hainen oder an
Seeen, Flüssen und Quellen verehrten sie verschiedene Gottheiten. Besondere
Tempel hatte man nicht. Geopfert wurden Feldfrüchte, Tiere und selbst
Menschen, besonders gefangene Feinde. Die Priester waren Pfleger und
Hüter der Gesetze und unterstützten die Obrigkeit; doch bildeten sie keinen be¬
sonderen Stand; denn jeder Hausvater war zugleich Hauspriester. —- In
hohem Ansehen standen die „weisen Frauen," welche als Wahrsage¬
rinnen auftraten. — Den Willen der Götter deuteten unsere Vorfahren
aus dem Donner, dem Flug der Vögel u. s. w. In schwierigen Fällen zog
oder warf man das Los.
Märchenhafte Wesen. Man glaubte auch an Riesen, welche sich an¬
geblich durch ihre Stärke auszeichneten, sowie an Zwerge, die im Schoß der
Erde arbeiteten und die Metalle hüteten. Von großer Schönheit waren, wie
man wähnte, die Lichtelfen, die leuchtende Gewänder trugen. Es herrschte
auch die Meinung, daß es Kobolde gäbe, die als dienstbare Geister den
Knechten und Mägden in der Arbeit beispringen und einen Teil derselben
verrichten. Man sagte: „Sie striegeln die Pferde, spalten Holz, machen
Feuer an u. s. w." Es hieß: „Der Kobold bringt Glück in das Hans." —
Endlich glaubte mau auch, daß die Hausbewohner mitunter durch Polter¬
geister gestört würden, die sich durch Pochen und Klopfen bemerkbar
machten.
Bestattung. Die Leichenbestattung fand unter großer Feierlich¬
keit statt. War ein Verstorbener, welcher am Meere gelebt hatte, ein vor¬
nehmer Mann gewesen, so legten die Volksstämme, die daselbst wohnten,
den Leichnam mit
seinen Waffen in
ein Schiff, welches
man ohne Steuer
in die See treiben
ließ und auch wohl
anzündete. ^N Begräbnishügel mit drei Unten.
der ältesten Zeit gab man dem Toten dasjenige mit in das Grab, was
ihm im Leben besonders lieb gewesen war, dem Kinde sein Spielzeug, dem
Weibe seinen Schmuck, dem Manne die Waffen. Alles dies wurde mit dem
Leichnam auf einem Holzstoß verbrannt. Die Asche und übrig gebliebenen
Knochen bewahrte man in Urnen auf. Von letzteren hat man bis auf die
netteste Zeit viele in alten Grabhügeln gefunden. Neben dem Verbrennen
war aber auch das Begraben der Leichen üblich. Man legte oder setzte
nämlich gewöhnlich den Toten in ein aus Steinen zusammengefügtes Grab
und gab ihm Schmuck und Waffen mit. Über die Grabstätte wurde ein
Hügel gewölbt, dem man durch Steinblöcke einen festen Halt gab.
5. Sage von der Schöpfung.
Verlust der Göttersagen. Als in unserm Vaterlande das Christen¬
tum eindrang, kamen die alten Sagen von den Göttern und der Religion
der alten Deutschen vielfach in Vergessenheit; denn sie wurden nicht schriftlich
aufbewahrt, sondern lebten nur im Munde des Volkes. Da sich bei den
Germanen in Skandinavien und Island das Heidentum aber länger als bei