— 348 —
Von Friedrich Wilhelm IV. bis zum dänischen Rrieae
(1864).
197. König Friedrich Wilhelm IV. 1840—1861.
Seine Jugendzeit. Als Friedrich Wilhelm III. gestorben war, be¬
stieg dessen Sohn Friedrich Wilhelm IX. den preußischen Königsthron.
Dreier war von seinen Eltern anss sorgfältigste erzogen worden. Als er
noch ein Knabe war, schrieb seine Mutter, die Königin Luise, an ihren
Vater: „Der Kronprinz ist voll Geist und Leben. Er hat vorzügliche
Talente, die glücklich entwickelt und gebildet werden. Er ist wahr in allen
seinen Empfindungen und Worten. Ich habe ihn sehr lieb und spreche ost
mit ihm davon, wenn er einmal'König sein wird." Als er zum Jüngling
herangewachsen war, und sein Vater in den Krieg gegen die Franzosen zog
um Deutschland von Napoleons Gewaltherrschaft zu befreien, nahm der
Kronprinz teil au den Befreiungskämpfen. In der Schlacht bei Groß-
görschen führte er selbst eine Abteilung Soldaten und empfing hier die
Feuertaufe. Rings um ihu sausten die Kugeln, uud als fein Begleiter zur
Vorsicht mahnte, sprach er kaltblütig: „Wenn ihr euch fürchtet, sprengt
Zurück! Ich halte bei den tapfern Leuten aus." Hierauf ritt ein General
Zum Könige mit der Meldung: „Der Kronprinz wagt zu viel. Ich bitte
um Ew. Majestät Befehle." Ruhig antwortete der König: „Mein Sohn
thut weiter nichts als feine Schuldigkeit."
Thronbesteigung. Nachdem Friedrich Wilhelm IV. Preußens Thron
bestiegen hatte, fand in Königsberg die Huldigung statt. Hier sprach ev
Zu den versammelten Ständen: „Ich gelobe hier vor Gottes Angesicht und
vor diesen lieben Zeugen allen, daß ich ein gerechter Richter, ein treuer,
barmherziger Fürst, ein christlicher König sein will. Ich will Recht und
Gerechtigkeit mit Nachdruck üben, ohne Ansehen der Person; ich will das
Gedeihen aller Stände mit gleicher Liebe umfassen, ein Wohlgefallen der
Guten, eiu Schrecken der Frevler." In Berlin aber sagte er bei der
Huldigung: „Ich will in allen Stücken so regieren, daß man in mir den
Sohn des unvergeßlichen Vaters, der unvergeßlichen Mutter erkennen soll.
Aber die Wege der Könige sind thränenreich, wenn Herz und Geist ihrer
Völker ihnen nicht hilfreich zur Haud geheu." In seinem Wandel bekun¬
dete der König echte Frömmigkeit, und
sein Wahlspruch lautete: „Ich uud
mein Haus, wir wollen dem Herrn
dienen."
Friedrich Wilhelm IV. und sein
Brnder. An seinem Bruder, dem
Prinzen Wilhelm von Preußen, den wir
später als deutschen Kaiser kennen lernen
werden, hatte König Friedrich Wil¬
helm IV. die kräftigste Stütze. Wie
sehr er dieses fühlte, geht aus der fol¬
genden kleinen Begebenheit hervor. Einst
kehrte der König bei dem Besitzer des
Jagdschlosses Falkenstein, das im Harz¬
gebirge liegt, ein. Bei dieser Gelegen¬
heit brachte ein junger Mann aus der
Umgegend einen aus Elfenbein geschnitzten
Kopf, der den damaligen Prinzen Äil-
Fricdrich Wilhelm IV
I