Full text: Hilfsbuch für den Unterricht in der Geschichte

1870 
bis 
1871 
296 D. Aus der brandenbmgisch-preußischen Geschichte. 
Kaiferstcicttes. Preußen vereinigte sich mit bett rtörblich vom Main 
gelegenen beutfchen Staaten zum Norbbentschen Bnnbe. Das Präsibinm 
desselben übernahm ber König von Preußen. Er führte ben Oberbefehl 
über bte gesamte Militärmacht, welche nach preußischem Muster um¬ 
gestaltet mtb mit ber preußischen Armee zu einem einheitlichen Ganzen 
verbnnben würbe. Dem Präsibium stanb auch bie Vertretung bes Buubes 
gegenüber bem Auslanbe unb bie vollziehenbe Gewalt zu. Die Gesetz¬ 
gebung wirb bnrch ben Bunbesrat unb ben Reichstag ausgeübt. 
Der erstere besteht aus ben Vertretern ber 22 Regierungen. Die größeren 
Staaten haben mehrere Bevollmächtigte (Preußen 17, Sachsen 4 n. s w ) 
bie kleineren führen nur je eine Stimme. Der Reichstag setzt sich aus 
ven Vertretern be§ VolfeS Zusammen. Stuf je 100 000 ($tntoof)ner totrb 
in birefter unb geheimer Wahl bei allgemeinem unb gleichem Wahlrecht 
ein Abgeorbneter gewählt. Wahlberechtigt unb wahlfähig ist jeber un¬ 
bescholtene beutsche Staatsbürger, ber bas 25. Lebensjahr üollenbet hat. 
Mit ben siibbeutfchen Staaten schloß Preußen Schutz- unb 
Trutzbünbuisse, welche ihm für ben Kriegsfall ben Oberbefehl über ihre 
Streitkräfte sicherten. 
e) Der deutsch-französische Krieg (1870/71). 
Ursache. Napoleon III. hatte es verstanben, burch mehrere glück¬ 
liche Kriege Frankreich eine vorherrschend Stellung im Rate Europas 
Zu verschaffen. Dies schmeichelte bem Selbstgefühl ber „großen Nation" 
ungemein. Mit scheelen Augen blickten baher bie Franzosen auf bie 
großartigen Kriegserfolge Preußens unb bie werbenbe Einigung 
Deutschland. Durch bie ersteren sah bas eitle Volk bie eigenen Kriegs¬ 
thaten in ben Schatten gestellt; vollzog sich bie letztere, so war es mit 
Frankreichs Einfluß auf bie beutfchen Staaten unb seinem Übergewicht 
in Europa für immer vorbei. Die Erwerbung bes linken Rhein¬ 
ufers, seit Jahrhunberten bas Ziel gallischer Eroberungssucht, war 
baun gleichfalls ausgeschlossen. Eine Abreißung beutfchen Gebietes hatte 
Napoleon III. schon 1866 beabsichtigt, war jeboch burch ben entschiebenen 
Wiberspruch Bismarcks hieran gehinbert worben. Einen Krieg mit 
Preußen hatte er bamals nicht gewagt, trotzbem viele Franzosen benselben 
wünschten. Die Kriegspartei wuchs in ben nächsten Jahreu berart, baß 
sie bie öffentliche Meinung völlig beherrschte. Auch bie Kaiserin Eugenie 
wünschte ben Krieg. Der kränkelnbe Kaiser ließ sich mitreißen, ba zu 
befürchten stanb, baß sonst bas wankelmütige Volk in ber fteigenben 
Unzufriedenheit mit feiner Regierung biefelbe burch eine Revolution 
stürze, wohingegen ber siegreiche Ausgang bes Krieges ben Thron ber 
Napoleoniben mit neuem Glanz umgeben unb ihm ben Fortbestanb 
sichern mußte. 
Veranlassung. Die Spanier hatten ihre Königin Jsabella vertrieben 
unb boten bie Krone bem Prinzen Leopolb von Hohenzollern an. 
Derselbe erklärte sich zu ihrer Annahme bereit. Auf bie Kunbe hiervon
	        
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