Full text: Hilfsbuch für den Unterricht in der Geschichte

76 C. Aus der deutschen Geschichte. 
jährlichen Tributes zugesichert wurde. Darauf wandte er sich gegen 
das weströmische Reich und drang in Italien ein. Stilicho, der 
Minister des abendländischen Kaisers Honorius, besiegte Alarich zwar 
in zwei Schlachten, fand es jedoch geraten, den mächtigen König zum 
Freunde der Römer zu machen. Er bewilligte ihm die Statthalterschaft 
auch über das westliche Jllyrien und einen jährlichen Tribut. 
Nach Stilichos Tode verweigerte Kaiser Honorius die Zahlung 
des Tributs. Da erschien Alarich mit einem starken Heere in Italien (408). 
Der Kaiser floh nach dem festen Ravenna. Das von den Goten hart 
bedrängte Rom mußte den Abzug der Feinde mit schweren Geldsummen 
erkaufen. Derselbe Vorgang wiederholte sich im Jahre 409. Als Honorius 
410 auch im Jahre 410 den Tribut verweigerte, wurde die Stadt Rom 
erstürmt und mehrere Tage lang geplündert. Nur die Kirchen wurden 
verschont, denn die Westgoten waren bereits zum Christentum übergetreten. 
Von Rom aus wollte Alarich nach Afrika gehen. Doch schon in 
Unteritalien ereilte den erst 34jährigen Helden der Tod. Er starb zu 
Cosenza. Die Goten bereiteten ihm eine eigenartige Ruhestätte. Sie 
lenkten den Fluß Busento ab, gruben in dem trocken gelegten Flußbette 
das Grab und setzten die Leiche ihres Königs mit Waffen und Schmuck 
darin bei; dann leiteten sie den Fluß in sein altes Bett zurück. Die 
zur Arbeit verwendeten Sklaven wurden getötet, damit kein Römer er¬ 
fahre, wo der große Gotenkönig sein Grab gefunden hatte. 
Alarichs Nachfolger Athauls (Adolf) führte die Goten nach Gallien. Unter 
ihm und seinem Nachfolger Wallia eroberten die Goten das Land zu beiden Setten 
419 der Pyrenäen und gründeten dort das Weftgotenreich mit der Hauptstadt Tolosa 
[dem heutigen Toulouse*)). 
Geiserich. Als Stilicho zum Schutze Italiens die römischen Heere 
vom Rhein abberief, überfluteten die Germanen die nnbeschützte Grenze. 
Die Burgunder nahmen das Land an der Rhone in Besitz und 
gründeten dort das burgundische Reich. Sueven und Vandalen 
aber wanderten weiter nach Spanien. Die Sueven ließen sich im 
nordwestlichen Teile dieses Landes nieder, die Vandalen im südlichen 
(Andalusien). Als im Norden Spaniens die Westgoten erschienen,, wichen 
ihnen die Vandalen aus. Unter Führung ihres Königs Geis er ich 
setzten sie nach Afrika über. Nach Eroberung dieser schönen und frucht« 
429 baren Provinz gründete Geiserich das Vandalenreich mit der Hauptstadt 
Karthago. Abweichend von den andern deutschen Völkern, die sich 
bei Besitznahme einer römischen Provinz mit dem dritten Teile des 
Grundes und Bodens begnügten, beanspruchten die Vandalen allen 
Grundbesitz und behandelten die eingesessenen Einwohner als rechtlose 
Sklaven. ° Außerdem suchten sie als Arianer den Katholicismus zu 
unterdrücken, und zwar mit einer Härte und Grausamkeit, wie sie selbst 
zu Zeiten der heidnischen Kaiser unerhört war. 
König Geiserich verstand seine Vandalen zu gefürchteten Seeräubern 
zu machen. Die vandalischen Kriegsflotten wurden bald der Schrecken 
*) Sprich: tulus.
	        
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