Full text: Hilfsbuch für den Unterricht in der Geschichte

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es anders beschlossen. Auf der sonnigen Höhe des reichsten Glückes wurde 
Kronprinz Friedrich Wilhelm im Anfange des Jahres 1887 von einer 
andauernden Heiserkeit befallen, der Vorbotin eines schweren Kehlkops¬ 
leidens. Das anfänglich gering geschätzte Übel widerstand dem Gebrauche 
der Heilquellen von Ems. Noch reiste er zu den Feierlichkeiten des 
fünfzigjährigen Regierungs-Jubelfestes der Königin von England, eine 
Siegfriedsgestalt, stattlich wie wenig andere; — nur im Zustande tiefsten, 
hoffnungslosen Leidens sollte er das Vaterland wiedersehen. Längeres 
Verweilen in Schottland und in Tirol erwies sich als ebensowenig heil¬ 
bringend wie ein monatelanger Aufenthalt in San Remo am Mittelmeere. 
Nach dem Hinscheiden Kaiser Wilhelms trat Kaiser Friedrich sogleich 
die Heimreise an. Mit echt hohenzollerschem Pflichtgefühl raffte er sich ans 
und traf durch Schnee und Sturm am späten Abend des II. März in 
Charlottenburg ein, ein todkranker Mann und schon längst nicht mehr 
im Besitz seiner Stimme. Mit aller Kraft der Seele hielt er sich auf¬ 
recht. „Lerne leiden, ohne zu klagen," dieses Wort richtete er schriftlich 
an seinen Sohn. Aber nur 99 Tage sollte er noch leben und regieren. 
Mit dem Eintritt Würmern Frühlingswetters siedelte er aus dem Schlosse 
zu Charlottenbnrg nach Schloß Friedrichskron über, wo seine Wiege 
gestanden hatte. Dort ist er am 15. Juni nach namenlosen Leiden sanft 
hinübergegangen in jene Welt, in der es für die Kinder Gottes kein Leid 
mehr giebt. 
311. Zu mein Volk. 
Kaiser Wilhelm II. 
Gottes Ratschluß hat über uns aufs neue die schmerzlichste Trauer 
verhängt. Nachdem sich die Gruft über der sterblichen Hülle meines un¬ 
vergeßlichen Großvaters kaum geschlossen hat, ist auch mein heißgeliebter 
Vater aus dieser Zeitlichkeit zum ewigen Frieden abgerufen worden. Die 
heldenmütige, aus christlicher Ergebung erwachsende Thatkraft, mit der er 
seinen Königlichen Pflichten ungeachtet seines Leidens gerecht zu werden 
wußte, schien der Hoffnung Raum zu geben, daß er dem Vaterlande noch 
länger erhalteil bleiben werde. Gott hat es anders beschlossen. Dem 
Königlichen Dulder, dessen Herz für alles Große und Schöne schlug, sind 
nur wenige Monate üeschieden gewesen, um auch auf dem Throne die 
edlen Eigenschaften des Geistes und Herzens zu bethätigen, die ihm die 
Liebe seines Volkes gewonnen haben. Der Tugenden, die ihn schmückten, 
der.Siege, die er auf den Schlachtfeldern einst errungen hat, wird dank¬ 
bar gedacht werden, solange deutsche Herzen schlagen, und unvergänglicher 
Ruhm wird seine ritterliche Gestalt in der Geschichte des Vaterlandes 
verklären. 
ßeorg-Eckert-lnetltut 
für internationale 
Schulbuchforschung 
Braunschweig 
-Schulbuchbibliothek -
	        
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