78 C. Aus der deutschen Geschichte.
Donau aufwärts bis in deren Quellgebiet. Städte und Dörfer wurden
verbrannt, die Einwohner erschlagen, das Land verwüstet. In der
Gegend des Bodensees versuchten die Burgunder, die Hunnen aufzuhalten;
vergebens, sie wurden fast vollständig vernichtet. Die Hunnen zogen
nun den Rhein abwärts bis Köln und wandten sich dann über Trier
und Metz nach Gallien. Dort drangen sie bis Orleans*) vor. —
Mittlerweile war es dem römischen Statthalter Aetius gelungen, Hilfe
von den Westgoten zu erhalten, deren Reich bei weitem Vordringen
der Hunnen ebenfalls bedroht war. Die Römer unter Aetius unb
die Westgoten unter ihrem Könige Theodorich, denen sich noch ein Teil
der Franken und Sachsen angeschlossen hatte, zogen nun gegen Attila.
Auch bei dessen Heere befanden sich Germanen, nämlich die Ostgoten,
Langobarden und ein Teil der Franken. Auf der großen Ebene bei
Chalons**) a. d. Marne, den sogenannten fatalaunischen Feldern, kam
es (451) zur Entscheidungsschlacht. Es war eine der furchtbarsten
Schlachten, welche die Geschichte kennt; über 150 000 Tote bedeckten
das Schlachtfeld. Unter den Gefallenen befand sich auch der Westgoten¬
könig. Sein Tod entflammte die Westgoten zur höchsten Wut, und sie
entschieden den Sieg. Da sie aber am nächsten Tage mit der Leiche
ihres Königs in ihre Heimat abzogen, konnte Attila, unbehelligt von
den für sich allein zu schwachen Römern, den Rückzug nach Ungarn
antreten.
Schon im folgenden Jahre (452) brach Attila wieder auf; diesmal
wandte er sich nach Italien. In ganz Norditalien sanken die blühendsten
Städte in Schutt und Trümmer, so das reiche Aquilcja, dessen auf die
Inseln des asiatischen Meeres geflüchtete Bewohner die Stadt Venedig
gegründet haben sollen. Das schütz- und wehrlose Rom schien verloren.
Da entschloß sich Papst Leo der Große, an der Spitze einer Gesandt¬
schaft zu Attila zu gehen. Im hunnischen Lager an der Mündung des
Mincio***) empfing Attila die Gesandtschaft und ließ sich wider alles
Erwarten bewegen, den Zug nach Rom aufzugeben und nach Ungarn
zurückzukehren. Er soll zur Erklärung seines Verhaltens erzählt haben,
daß während seiner Unterredung mit dem Papste neben diesem eine
überirdische Erscheinung gestanden und drohend ein Schwert erhoben habe.
Bald nach der Rückkehr aus Italien starb Attila plötzlich. Die
trauernden Hunnen bereiteten ihm eine großartige Leichenfeier. Der aufs
prächtigste geschmückte Leichnam wurde in einem Prunkzelte ausgestellt;
dieses umritten die Krieger mit geschorenem Haupte und ließen dabei
feierliche Gesänge zum Lobe des großen Toten erschallen. Dann legten
sie die Leiche in einen goldenen Sarg, umschlossen diesen mit einem silbernen
und beide mit einem eisernen. In stiller Mitternachtsstunde wurde dann
der Held begraben; die Arbeiter aber, welche das Grab hergestellt hatten,
tötete man, damit niemand die letzte Ruhestätte des großen Königs erfahre.
*) Sprich: orlea«.
**) Sprich: schalon.
***) Sprich: miittsche.