Geschichte des Orients.
Ägypten.
§ 5. Land und Leute. Im Westen durch das Randgebirge der
Sahara, im Süden durch das nubische Bergland, im Osten durch
eine parallel mit dem Nil und dem Roten Meer laufende unwirtliche
Gebirgskette, im Norden durch das Mittelländische Meer begrenzt,
hat Ägypten eine von der Natur geschützte Lage. Nur im Nord¬
osten, von der Halbinsel Sinai her, und im Nordwesten, von der
libyschen Wüste her, hat es bequemere Zugänge, die jedoch leicht
zu verteidigen sind. Innerhalb dieser Grenzen zieht sich ein schmales,
langgestrecktes Gebiet hin, das in seiner ganzen Länge vom unteren
Nil durchströmt wird und dessen jährlichen Überschwemmungen
eine üppige Fruchtbarkeit verdankt. So war es in hervorragender
Weise zur Ansiedlung geeignet, die schon in ältesten Zeiten statt¬
gefunden hat. Die älteste uns bekannte Bevölkerung bestand be¬
reits aus der Mischung einer älteren Rasse afrikanischen Ursprungs
und aus Asien eingewanderter Semiten und hatte schon eine ver¬
hältnismäßig hohe Kulturstufe erreicht. Die heute noch lebenden
Verwandten der afrikanischen Ureinwohner sind die Galla- und die
Somalistämme. Aber auch in geschichtlicher Zeit noch fand eine
dauernde Vermischung mit den benachbarten Rassen statt. Von
Osten her kamen immer neue semitische Bestandteile in das Land,
von Nord westen her wurde die Bevölkerung mit Einwanderern der
benachbarten libyschen Stämme durchsetzt, einer hellfarbigen,
blondhaarigen Rasse, vermutlich nordischen, europäischen Ur¬
sprungs, und im Süden vollzog sich in steigendem Maße eine Ver¬
mischung mit den Negervölkem Nubiens.
§ 6. Die älteste Zeit. Die Eigenart des Landes wies die Ein¬
wohner ausschließlich auf den Ackerbau und auf die gemeinsame
Ausnutzung der Vorteile, die durch die Überschwemmung gebracht
wurden (durch Anlage von Sammelbecken, Kanälen u. a.) an und
bewirkte bald den Zusammenschluß zu staatlichen Gebilden, deren
Spuren noch in den späteren Gauen zu finden sind. Aus diesen
kleinen Verbänden entstanden dann zwei größere Reiche; das Nord-