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er doch nicht einmal dulden, daß sein lernbegieriger Sohn sich mit
der Musik und mit Büchern beschäftigte. Jedoch sorgte er wohl fin¬
den Volksunterricht, weil er den Nutzen desselben für den Staat
einsah. Er ist der Begründer der Volksschulen in Preußen.
Seine Erholung suchte Friedrich Wilhelm nach des Tages Mühen
und Anstrengungen in dem so berühmt gewordenen Ta b a k s k o l l eg in m.
Hier saß er abends im Kreise seiner Generäle und Vertrauten; jeder
mußte rauchen und Bier trinken. Hier wurde gescherzt und gelacht unb
mancher berbe Spaß gemacht; aber es würben auch manche wichtige
Fragen behandelt und die Staatsangelegenheiten besprochen.
Der König erkannte, daß die Größe und das Ansehen Preußens
auf einem starken und tüchtigen Heere beruhte. Deshalb war
sein Hauptstreben auf bie Vermehrung unb Verbesserung besselben ge¬
richtet. Er hatte eine außerorbentliche Vorliebe für bas Soldatenleben
unb bie Solbaten. Schon in früher Jugend hatte er feine Spielge-
uoffert mit Uniformen unb Gewehren ausgerüstet. Nun würbe bas
„Solbatenfpielen" betrieben; er exerzierte feine kleine Kriegerschar, ließ
Geirehrgriffe machen und Schwenkungen ausführen, ganz so, wie er es
bei den Truppen seines Vaters gesehen hatte. So sparsam, ja geizig
Friedrich Wilhelm auch sonst war, für feine Armee scheute er keine
Ausgaben. Bei feinem Tobe belief sich bas preußische Heer auf
83 UUO Mann, wiihrenb es bet seinem Regierungsantritte nur 38 000
Mann gezählt hatte. Unb wie genau unb vortrefflich würben biefe
Solbaten ansgebilbet! „Es würbe", schreibt Friebrich ber Große,
„jeder Griff bes Gewehrs so ausgeführt, baß in ber ganzen Reihe
nur ein Griff gesehen, nur ein Schlag, wie beim Feuern nur ein
Schuß, beim Marschieren nur ein Tritt gehört würbe, baß jebe Be¬
wegung genau wie bie einer Maschine war, bereu Feber gezogen
wurde." Um das zu erreichen und um die aus den verschiedenste» Län¬
dern geworbenen Soldaten in strenger Zucht zu halten, behandelte
man sie freilich recht hart und roh; Stockprügel und ähnliche Strafen
waren an der Tagesordnung.
Eine besondere Vorliebe hatte der König für sein Leibregiment,
das aus lauter Riesen bestand. So maß der Flügelmann bes Re-
gimeutes 8 Fuß 2 Zoll, über 6 Fuß waren alle groß. Die größte
Freube bes Königs war, bem Exerzieren biefer feiner „lieben blauen
Kinber", wie er sie gern nannte, zuzusehen. Aus allen Teilen Europas
wußte er sich seine Riesen zu verschaffen. Zum Teile kaufte er sie zu
den höchsten Preisen; so kostete ihm ein Irländer, der 6 Fuß 11 Zoll
maß, 180 000 Mark. Auch wurden sie ihm wohl von befreundeten
Fürsten geschenkt; so schickte ihm der Kaiser von Rußland jährlich 150
„tätige Kerle". Aber häufig genug wurden sie auch gewaltsam er-