Full text: Unterrichtsstoff der vaterländischen Geschichte in Volksschulen

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hinschaute, entschlüpften ihr die Worte: „Könnte ich eine solche 
Prinzessin sein!" Ein älterer Herr, der daneben stand und das 
hörte, fragte sie, warum sie das wünsche. Da gab sie zur Antwort, 
daß sie dann für ihren kranken Vater den Arzt holen wollte. 
Der Herr aber war ein Maler und unterrichtete die Prinzessin 
im Zeichnen. Als er am nächsten Tage aufs Schloß kam, fragte 
ihn die Prinzessin zufällig, ob er nicht jemand wisse, dem sie etwas 
Gutes thun könne. Da nannte ihr der Maler die Familie des 
armen Webers. Sofort sorgte die Prinzessin für dieselbe und 
ließ die kleine Martha als Malerin ausbilden. — Unsere Kaiserin 
ist eine gute, mildthätige Fran. Wohin sie kommt, besucht sie die 
Kranken- und Waisenhäuser, und gern hilft sie deu Notleidenden. 
Sie ist auch sehr leutselig. Einst hatte sie den Kaiser ins Manöver 
in Schleswig-Holstein begleitet. An einem Abende ging sie auf 
der Wiese hinter dem Schlosse Gravenstein spazieren. Da sah sie 
ein Mädchen sitzen, welches die Gänse hütete und weinte. Sie 
fragte: „Was fehlt Dir, mein Kind?" Das Mädchen gab zur 
Antwort: „Ich wollte auch einmal die Kaiserin sehen; aber ich 
muß die Gänse hüten." Da fragte sie das Kind nach seinen Eltern. 
Es war aber ein Waisenkind und hatte keine Eltern mehr. Unterdes 
war ein älterer Herr näher gekommen. Die Kaiserin sagte zu ihm: 
„Das Killt) will die Kaiserin sehen; wir wollen es mit ins Schloß 
nehmen." Das Mädchen hatte aber Kummer um die Gänse. Da 
nahm der alte Herr die Gerte und gab ans die Tiere acht, während 
das Mädchen mit der Kaiserin ins Schloß ging. Dort nahm die 
hohe Dame aus einem Kästchen eine goldene Kapsel mit ihrem Bilde 
und hängte sie dem Mädchen um den Hals. Da erkannte es erst, 
daß es die Kaiserin selbst war. Hochbeglückt kehrte es zurück. Der 
alte Herr überließ dem Kinde wieder das Federvieh, gab ihm die 
Gerte zurück und ein Goldstück dazu. Es war aber der Geueral- 
feldmarschall Graf Moltke, der indessen die Gänse gehütet hatte. 
7) Die kaiserlichen Kinder. Unser Kaiserpaar hat 6 Sohne 
und eilte Tochter. Der älteste Sohn heißt Kronprinz Wilhelm und 
ist am 6. Mai 1882 geboren. In diesem Jahre ist er — Jahre 
alt geworden. Er muß schon fleißig lernen, exerzieren, turnen und 
reiten. Auch kommandiert er bisweilen seine jüngeren Brüder. Die 
andern Prinzen heißen: Eitel-Friedrich, Adalbert, August Wilhelm, 
Oskar und Joachim; die Prinzessin hat die Namen Viktoria Luise.
	        
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