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Blutrache auszuüben. Das Todesurteil durfte nur der Priester
verhängen und vollstrecken; denn die Hinrichtung galt als Sühne
für die durch die Sünde erzürnten Götter. Als eine sehr schwere
Strafe erschien die Landesverweisung, weil es dem Ausgewiesenen
im Auslande (im Elend) in der Regel sehr schlecht erging. Vergehen
gegen Edelinge wurden höher bestraft, als solche gegen Gemeinfreie.
Die Verletzung eines Unfreien wurde durch eine an den Besitzer
gezahlte Buße gesühnt; der Leibeigene selbst war demnach rechtlos.
Gefolge und Heerbann. Der Fürst war auf Lebenszeit der erste
unter seinen Gaugenossen. Freiwillig wurden ihm Geschenke dar¬
gebracht. Er leitete nicht nur die Gauversammlung, sondern verteilte
in den Gegenden, wo es die Sitte erheischte, auch alljährlich durch
das Los das Ackerland der Freien. — Gab es keinen Stammkrieg,
so sammelten sich die kriegslustigen Jünglinge unter einem bewährten
Führer, um unter seiner Leitung Beutezüge zu unternehmen. Ein
solches Gefolge war eine Waffenbrüderschaft auf Wort und Ehre,
auf Leben und Tod. Da das Gut des Vaters ungeteilt auf den
ältesten Sohn überging, waren die jüngeren Söhne auf das Waffen¬
handwerk angewiesen. — Sollte die ganze waffenfähige Mannschaft,
der Heerbann, aufgeboten werden, so wurde für den Kriegszug
aus der Zahl der Edelinge ein Herzog gewählt und auf den Schild
erhoben. Später wählten sich die Deutschen auch Könige, die die
Amtsgewalt der Fürsten und Herzöge in sich vereinigten: in Friedens¬
zeiten waren sie die obersten Richter, in Kriegszeiten die Führer
des Heeres*).
II. Die Germanen im Kampfe um ihre Freiheit
und Selbständigkeit.
1. Grenznachbarn. Die Nachbarn der alten Germanen waren
im Westen und Süden die Kelten, im Norden die Normannen, im
Osten die Slaven. Allmählich kam alles Land jenseits des Rheines
und der Donau unter die Herrschaft der Römer, mit denen nun
auch die Deutschen bald in Streit gerieten.
2. Pie Kimbern und Teutonen. Schon im Jahre 113 v. Chr.
waren zwei germanische Volksstämme, die Cimbern und Teutonen.
*) Viele sinnbildliche Ausdrücke unserer Sprache erinnern an das alte Rechts¬
wesen oder finden in Gebräuchen jener Zeit ihre Erklärung: Ins Elend jagen;
Umstände machen; das Lebenslicht ausblasen; seine Freiheit, sein Leben aufs Spiel
setzen; auf der Bärenhaut liegen; auf den Schild erheben u. a.