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wurden die Christen in Palästina ausgeplündert, mißhandelt, viele
sogar getötet. Zurückkehrende Pilger entwarfen ein trauriges Bild von
dem Zustande des Landes: die heiligen Stätten würden von den wilden
Türken verwüstet, das Grab des Heilands geschändet. Der Patriarch
von Jerusalem wandte sich an den Papst und bat um Hilfe. Die
Knude von der Trübsal, die auf dem Lande und seinen christlichen
Bewohnern lastete, erfüllte alle Gläubigen mit tiefer Trauer. Durch
den Papst wurde der Gedanke angeregt, die abendländische Christenheit
möge zur Bekämpfung der Türken ausziehen und das heilige Land
aus ihren Händen befreien.
2. Die Kirchenversammlung zu Klermont. 1095. Um die Ver¬
breitung der Kuude von der Not des heiligen Landes machte sich Peter
von Amiens sehr verdient. Im Aufträge des Papstes zog er in
Italien und Frankreich von Stadt zu Stadt, vou Dorf zu Dors
und ermahnte die Christen mit beredten Worten, einen Zug zur Be-
sreiuug des heiligen Landes zu unternehmen. Auf der außerordentlich
stark besuchten Kirchenversammlung zu Clermout schilderte der Papst
in begeisterter Rede die Leiden der Christen in Palästina und die
Schmach, daß der Islam dort herrsche, wo Jesus Christus einst ge¬
wandelt. Zuletzt forderte er alle Anwesenden zur Befreiung des heiligen
Grabes auf. Hingerissen von den Worten des Papstes, der nur ihrer
eigenen Stimmung Ausdruck verlieh, rief die ganze Versammlung wie
aus einem Munde: Gott will es! Gott will es! Die meisten hefteten
sich ein rotes Kreuz auf die rechte Schulter und machten sich zur
kriegerischen Wallfahrt bereit; aus diesem Grunde legte man der Kriegs¬
fahrt die Bezeichnung „Kreuzzug" bei. Durch die Teilnahme an dem
Zuge hofften die einen Vergebung aller Sünden, die anderen Ehre und
irdisches Gut zu erlaugeu. Den Unfreien, welche sich an dem Zuge be¬
teiligten, wurde Befreiung von der Hörigkeit verheißen. Viele trieb
jedoch fromme Begeisterung an, mit dem Kreuzheere ins ferne Morgen-
land zu ziehen.
„Gott will's! so scholl's im Volke; da stieg die Kreuzesfahn',
Und Wolke zog auf Wolke zum heil'gen Grab heran."
3. Auszug. Schon im Frühling des nächsten Jahres kamen
Hausen gemeinen Volks von Frankreich nach Deutschland, geführt von
jenem Pilger und Kreuzprediger und von dem Ritter Walter, ge¬
nannt von Habenichts. Ohne rechte Waffen, ohne Zucht und Ordnung
stürmten sie vorwärts und ließen sich viele Ausschreitungen zu Schulden
kommen. Diese ungeordneten Scharen fanden auf ihrem weiteren Zuge
nach dem fernen Osten schon in Europa ihren Untergang. Die meisten