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sagte; denn damals redeten sich die fürstlichen Ehelente wie die Franzosen
mit „Sie" an. Das Königspaar war auch fromm und ging gern tn
die Kirche. Einmal hatte sich eine Bürgersfrau in der Kirche auf den
Platz der Königin gefetzt. Da wurde es ihr verwiesen. Das sah aber
die Königin nicht gern, sondern sagte: „Das darf nicht mehr geschehen,
daß eine brave Frau gekränkt wird." Ein täglicher Gast der Kömgs-
farnilie war der General Köckritz, der fehr gern rauchte. Weil erJ)os
aber in der Gegenwart der Königin nicht tun wollte, ging er nach ^isch
bald weg. Eines Tages aber brachte ihm die Königin eine gestopfte
Pfeife und sagte: „Hente sollen Sie nicht weglaufen, sondern hier Ihre
Pfeife rauchen." Häufig begleitete die Königin Luise ihren Gemahl auf
Reisen. Am besten hat es ihr in Schlesien gefallen. Hier hat sie tm
Jahre 1800 das Riesengebirge besucht, die Schneekoppe und den Kynast
bestiegen und auch dem schönen Gebirgsländchen der Grafschaft Glatz
einen Besuch gemacht. Leider sollte dieses Familienglück nicht immer
dauern. Gott schickte dem Lande Krieg und Not; die Königin mußte
mit ihren Kindern aus Berlin fliehen und sich von Napoleon auch
Kränkungen gefallen lassen. Aber Preußen ging nicht unter. Indes ehe
die schönen Tage der Befreiungskriege kamen, starb die Königin am
19. Juli 1810. Das preußische Volk denkt aber noch heute gern an sie
und nennt sie „Preußens Engel." .
3. Preußens trübe Tage. Der Kaiser Napoleon hatte auf seinen
Feldzügen den König Friedrich Wilhelm III. unaufhörlich zum Kriege
gereizt. Er ließ seine Soldaten durch preußisches Land marschieren und
nahm ihm mehrere Gebiete weg. Das kränkte den König, so daß er
den Krieg erklärte. Aber Preußen stand gegen den mächtigen Napoleon
ganz allein da. Das Heer war auch nicht mehr so gut, wie vor
50 Jahren, wo es unter Friedrich dem Großen die Franzosen besiegt
hatte. Viele Generale waren alt; manche konnten kaum zu Pferde
steigen. Die jungen Offiziere waren übermütig und glaubten, die
Franzosen würden fliehen, wenn sich das preußische Heer nur sehen
ließe. Aber die Franzosen waren unter Napoleon an den Krieg ge¬
wöhnt, und Napoleon war ein tüchtiger Feldherr. So wurde das
preußische Heer an einem Tage in 2 Schlachten, bei Jena und Auer-
städt, geschlagen. Berlin wurde besetzt. Napoleon verbot den Handel
mit anderen Ländern. Die Franzosen raubten Geld, plünderten die
Kleider- und Schuhmacherläden und forderten zum Essen stets Braten
und Wein. Die Stadt Glogau mußte dem Bruder Napoleons täglich
1200 Mark geben. Da wurden die Leute arm. Die meisten Festungen
ergaben sich. Nur Graudenz, Kolberg und die schlesischen Festungen
Glatz, Silberberg und Cofel zeigten, daß es noch tapfere Preußen gibu
Als die Franzosen dem Courbiere in Graudenz mitteilten, e« gebe teinen
König von Preußen mehr, sagte er: „Da bin ich König von Graudenz.1
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