Full text: Geschichte der Hellenen in neuen und alten Darstellungen (1)

154 Geschichte der Hellenen. 
sie besiegt würden; Weiber und Kinder würden als Sklaven fortgeführt werden; für 
die Erwachsenen werde der Tod, falls er nicht mit Schmach verbunden sei, das leichteste 
Los sein; ihre Heiligtümer würden geplündert, ihre Städte verbrannt werden; er sage 
dies nicht ans Vermutung; klarer Beweis könne allen das Leiden derer sein, die in 
Amphia überfallen worden wären; im Vergleich zn solchem Unglück sei es ein Gewinn, 
rühmlich zu sterben; unb es sei ilmen weit leichter, die Feinde durch Mut zu überwinden, 
so lauge sie noch unbesiegt an Kühnheit jenen gleichstünden, als wenn sie einmal beit 
Mut verloren, bic verdorbene Sache wieder gut zu machen. Dieses sagte Enphaes. 
Als nun die Feldherrn auf beiden Seiten das Schlachtzeichen gegeben, stürmten 
die Messenier im Laufe gegen die Lakedämonier und schönten sich selbst nicht, als 
Männer, welche todesmutig in den Kampf stürzten, und ein jeder Geeiferte sich. die 
Schlacht zu beginnen. Auch die Lakedämonier gingen ihnen mit Eifer entgegen; doch 
trugen sie Sorge, daß ihre Schlachtordnung nicht ausgelöst würde. Da sie näher 
aneinander waren, begannen sie mit Drohuugeu durch Schwenken der Waffen und 
durch grimmige Blicke; dann gingen sie zu Schimpfreden über, indem die einen die 
Messenier schon ihre Sklaven nannten, die in nichts freier feien, als die Heloten, die 
anderen aber die Ruchlosigkeit des Unternehmens vorwarfen, indem sie aus Habsucht 
stammverwandte Leute angriffen und die Götter mißachteten, welche Stammgötter 
der Dorer feien, nebst den anderen, ganz vorzüglich dem Herakles Schon gingen sie 
von Schmähungen zu Thaten über, indem sie, besonders die Lakedämonier, Masse 
gegen Masse drängten und Mann gegen Mann anrückten. An Kriegskunst und Übung 
waren die Lakedämonier weit überlegen, dazu auch an Zahl; denn sie hatten die 
Periöken, die schon ihre Unterthanen waren, in ihrer Begleitung; gegen die Leicht¬ 
bewaffneten der Messenier führten sie kretische Bogenschützen als Söldner ins Feld. 
Fiir die Messenier stellte die Verzweiflung und der Todesmut das Gleichgewicht 
her; was sie zu leiden hätten, schien ihnen mehr notwendig für solche, die ihr Vater¬ 
land verherrlichen wollten, als schrecklich; was sie thaten, das hielten sie für tapferer 
ausgeführt und verderblicher für die Lakedämonier. Einige von ihnen sprangen aus 
der Schlachtreihe vor und führten glänzende Wagestücke ans; bei anderen, welche tödlich 
verwundet waren und kaum noch atmeten, blieb dennoch der trotzige Mut. Auf¬ 
munterungen kamen vor; die Lebenden und noch Unvcrwuudetcu reizten die Ver¬ 
wundeten, ehe der letzte Augenblick ihnen gekommen, dem Feinde es zu vergelten, so 
weit sie könnten, und so mit Freude den Tod zu erwarten; wenn aber die Ver¬ 
wundeten merkten, daß die Kraft sie verließ und daß der Atem ausging, forderten sie die 
Unverwnndeten noch aus, nicht schlechter zu sein als sie und nicht zuzulassen, daß sie 
nutzlos für das Vaterland gestorben seien. Die Lakedämonier bedienten sich vorerst solcher 
Aufforderungen nicht; auch waren sie zu außerordentlichen Wagestücken nicht so geneigt 
wie die Messenier; da sie von Kindheit auf die Kriegskunst verstanden und eine tiefere 
Schlachtordnung hatten, so hofften sie, die Messenier würben bie Ausstellung nicht 
gleich lange aushalten, und keine gleiche Ausdauer beweisen in der Anstrengung des 
Waffendienstes und bei Verwundungen. 
Dies waren die Eigentümlichkeiten in beiden Heeren in Bezug aus Thaten und 
Gesinnung der Kämpfenden: beiden gemeinsam war, daß die Niedergeworfenen sich 
weder auf Bitten, noch auf Versprechungen einließen, da sie bei ihrem Hasse doch kaum 
Hoffnung hatten, daß sie überreden würden, hauptsächlich aber weil sie es verschmähten, 
um nicht ihre früheren Thaten zu schänden. Diejenigen, welche töteten, enthielten sich 
eben so wohl der Ruhmredigkeit als der Schmähreden, da keine von beiden noch die 
sichere Aussicht aus den Sieg hatten. Auf besonders unerwartete Art starben die, 
welche cs unternahmen, einen der Gefallenen zu plündern; entweder traf sie der 
Wurfspieß oder das Schwert, wenn sie bei ber Beschäftigung sich nicht vorsahen uub 
sich an irgenb einem Teile bes Körpers eine Blöße gaben; ober sie würben auch wohl 
von benen umgebracht, welche sie plündern wollten, bie aber noch Leben hatten. 
Auch bie Könige kämpften rühmlich. Theopompos brang allzuhitzig vor, um 
den Euphaes selbst zu töten. Als Enpbaes ihn andringen sah, sagte er zu Antandros, 
die Handlung des Theopompos unterscheide sich in nichts von dem Wagnisse seines 
Vorfahren Polyneikes;^denn Polyneikes habe ein Heer aus Argos gegen fein Vaterland
	        
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