Full text: Bilder aus der Sage und Geschichte Roms (2)

I. Die Gründungssage. 
Am Unterlaufe des Tiberflusses, der iu der Mitte der Westküste Italiens 
mündet, lag die Landschaft Latium, bewohnt von dem ackerbauenden Volke 
der Latiner. Das ganze Gebiet zerfiel in 30 Gaue, die in einem Bundes¬ 
verhältnis standen. Die Leitung dieses Bundes hatte der Albauergau, und 
in dessen Hauptstadt AlbaLouga fanden alljährlich die Bundesversammlungen 
und die Bundesfeste statt. 
In Alba Longa herrschte der Sage nach ein Königsgeschlecht, das seinen 
Ursprung von dem trojanischen Helden Äne as und dessen Sohne Askänins 
(Jnlns) ableitete. Ein König aus diesem Hause, Nümitor, wurde vou 
seinem jüngeren Brnder Amülins entthront, der zwar den gestürzten König 
am Leben ließ und ihm ein friedliches Leben auf feinen Gütern verstattete, 
aber seine Familie ausrottete, indem er die Söhne umbringen ließ und die 
Tochter Rhea Si'lvia zwang, Priesterin zn werden. Und als diese Mutter 
von Zwillingssöhnen wurde, befahl er, die Kinder im Tiberslusse zu ertränken. 
Ein Diener fetzte die Wanne, in der die beiden Knäblein lagen, in den hoch¬ 
geschwollenen Fluß, der sie forttrug, bis sie schließlich in den Wurzeln eines 
wilden Feigenbaumes am Fuße des Berges Palatinus hängen blieb. Eine 
Wölfin soll die Kinder gesäugt haben; nach einigen Tagen fand sie der Hirt 
Faüstulus uud brachte sie seiner Gattin, die sich ihrer liebevoll annahm. 
Als Hirtenknaben unter dem Namen Römnlns und Remus wuchsen die 
Brüder zu kräftigen, kühnen Jünglingen heran. Als sie später das Geheimnis 
ihrer Geburt erfuhren, überfielen sie, von zahlreichen streitbaren Hirten unter¬ 
stützt, den Thronräuber Amnlins, töteten ihn und hoben ihren Großvater 
Numitor wieder auf den Thron. Zum Danke schenkte er ihnen den Berg 
Palatinus und gestattete ihnen, dort eine neue Stadt anzulegen. Nun entstand 
zwischen den Brüdern selbst ein Streit über das Recht, die zukünftige Stadt 
zu benennen. Sie beschlossen, die Götter durch ein Zeichen entscheiden zu 
lassen. Romnlus stellte sich auf dem Palatinus, Remus auf dem benachbarten 
Aventlnns auf, und jeder hoffte, daß die Götter ihm günstige Zeichen durch 
Vogelflug schicken würden. Remus erblickte zuerst sechs Geier, aber nach 
langem Warten erschienen dem Romnlus zwölf Geier; damit war es 
entschieden, daß er der Stadt den Namen geben sollte; er nannte sie 
Rom (753). 
Die neue Stadt war zu Ansang ganz ärmlich anzuschauen; auch Wall 
Vogel, Geschichtsleitfaden für Quinta. 2. Aufl. 1
	        
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