nügend Getreide. Schafe und Ziegen machen fast den ganzen Reich¬
tum aus. An der Küste gedeihen zwar Wein und Ölbäume; aber dieses
Gebiet ist ja sehr klein. Etwas Fischfang im Skutarisee1) und in der
Adria erhöhen die Einnahmen des Staates, die (1910) nur 2,9 Mill. Mark
betrugen. Nicht selten hat der Hunger Einfälle in Albanien veranlaßt
ilucli ziehen alljährlich viele Arbeiter in die Fremde, ihr Brot zu
suchen. Eisenbahnen? Nur 18 km lang, nämlich die Strecke von
Antivari nach dem Skutarisee. Der meiste Verkehr geht von Cattaro
nach dem Hauptort Cetinje. In zahlreichen Serpentinen steigt der
Weg bis 984 m Höhe, herrliche Rückblicke auf die Bocche di Cattaro
gewährend; dann hat man einen großartigen Blick auf die wilde Ge-
birgswelt Montenegros. Die Fahrt dauert 6 Stunden.
5. Siedelungen.
Cetinje, zettinje, d. h. Nikolausstadt (der Fürst Nikolaus ließ
den Ort 1883 erbauen), liegt 640 m hoch, hat nur 4500 Einwohner
und liegt in einem von kahlen Kalkbergen umschlossenen Tale. Pod-
goritza ist in dem Tieflandsgebiete nördlich vom Skutarisee und
hat noch einmal so viel Einwohner. An einer geschützten Reede, in
lachender Ebene mit Ölbäumen und Südfrüchten liegt Antivari2).
6. Bewohner.
Kohl schildert sie als kräftige, rauhe, aber doch schöne Gestalten
mit eisenfestem Körper und mit Augen, in denen wilde Hartnäckigkeit
funkelt. Sie sind voll kriegerischen und ritterlichen Geistes, den sie
in fortwährenden Kämpfen mit Türken, Albanesen, Venezianern und
Franzosen gestählt haben. Wegen der Armut ihres Bodens haben sie
oft Raubzüge in die benachbarten fruchtbaren Landschaften Nord¬
albaniens unternommen und sich dadurch mit die türkische Regierung
und die Albanesen zu Todfeinden gemacht. Auch die Österreicher
suchen sich durch Wachhäuser und Sperrforts gegen sie zu schützen.
Krieg lieben sie. Die Militärpflicht währt vom 16. bis 60. Jahre, so
daß das Volksheer fast 40000 zählt. Im Schmucke der Waffen gehen
die Männer meist einher. Ein langes, fein gearbeitetes Gewehr hängt
über der Schulter. Mit Zierat versehene Pistolen und ein langes
Messer, der Handschar, hängen in ihrem Gürtel. Meister im Gebirgs-
krieg, haben sie ihr kleines Reich als das einzige aus vortürkischer
Zeit und als Rest des großserbischen Staates unabhängig erhalten.
1) Der See von Skutari, benannt nach der an seinem Südufer liegenden
albanesischen Stadt, ist das1 größte stehende Gewässer der Halbinsel. Die nördliche
Hälfte gehört jetzt Montenegro.
2) D. h. gegenüber (anti) der italienischen Stadt Bari. So nannten italienische
Schiffer diese Stadt. Jahrhunderte war sie eine hochberühmte Türkenfeste, fein
Zwing-Uri des Islams.