Full text: Geschichte der neueren Zeit (Teil 3)

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nur noch zwölf, und diese mußten sich gefallen lassen, daß ihr Ge¬ 
halt ganz erheblich gekürzt wurde. Noch einmal entfaltete sich die 
volle Pracht des Hoflebens bei der Beerdtgung seines Vaters; dann 
ließ er die teuren Luxuspferde, die Staatskarossen, die prächtigen 
Möbel und Teppiche öffentlich versteigern und schickte die kostbaren 
silbernen und goldenen Geräte in die Münze, damit Geld daraus 
geprägt werde. Er war aber auch nötig, daß der König so rück¬ 
sichtslos vorging; denn sein Vater hatte ihm eine große Schulden^ 
last hinterlassen, und es bedurfte der größten Sparsamkeit, diese 
Schulden zu tilgen. 
Nun begann ein ganz anderes Leben am königlichen Hofe. 
Bald war kein einziger der glänzenden Müßiggänger mehr zu sehen, 
die man unter seinem Vater nicht entbehren zu können glaubte. 
Überall begegnete man tätigen, pflichttreuen Menschen, und der 
fleißigste unter ihnen war wohl der König selbst. Schon um 
4 Vthr stand er morgens auf, und wenn die anderen Fürsten seiner 
Zeit sich um 10 Uhr von ihrem Lager erhoben, hatte er bereits einen 
großen Teil seiner Regierungsgeschäste erledigt. Tann machte er 
wohl einen Spaziergang durch die Stadt. Ten Degen an der 
Seite, den dreieckigen Hut auf dem .Viopfe und das Bambusrohr in 
der Hand, so schritt er durch die Straßen, und nichts entging 
seinem scharfen Auge. Wehe dem, den er etwa beim Müßiggänge 
antraf! Ta regnete es scharsen Tadel und zuweilen sogar Stock- 
schläge. So traf er eines Tages einige Hökerinnen, die mitein¬ 
ander schwatzten. „Was sitzt ihr hier und haltet Maulaffen feil?" 
rief der König. „Habt ihr keine Strümpfe zu stricken, keine Hosen 
zu flicken und keine Hemden zu spinnen und zu nähen? Laßt euch 
nicht wieder müßig antreffen, das rate ich euch!" Ein andermal 
sah er, wie einige Bauarbeiter fleißig einer Flasche zusprachen. 
Ta rief er: „Ihr faule Lungerbande, werdet ihr fürs Uinherfehen, 
Schwatzen und Saufen bezahlt? und sofort versetzte er dem ersten 
besten einige kräftige Streiche mit seinem Spazierstocke. Ganz be¬ 
sonders konnten sich die Beamten vor ihm in acht nehmen, wenn 
er sie bei einer Nachlässigkeit ertappte. Einen Torschreiber in 
Potsdam, der die Bauern jeden Morgen warten ließ, bevor er das
	        
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