Full text: Geschichte der neueren Zeit (Teil 3)

24 
Berg nach Leipzig fuhr, Begleiteten ihn an 200 Studenten, die mit 
Spießen und Hellebarden neben feinem Wagen herliefen. Tie guten 
Leute wollten sorgen, daß ihrem geliebten Luther kein Leid zu¬ 
gefügt wurde. Aber Pergeblich war diese Disputation doch nicht 
gewesen, denn Luther fühlte sich nun angetrieben, den Ursprung 
der päpstlichen Gewalt näher zu untersuchen, und zu feinem Er¬ 
staunen fand er in der Geschichte die deutlichsten Beweise, daß es 
xZefus nie eingefallen war, einen Statthalter auf Erden einzusehen, 
daß also die ganze Macht des Papstes nichts als Anmaßung, daß 
das ganze Gebäude der römischen Kirche großenteils auf Eigennutz, 
Dünkel und Herrschsucht gegründet und mithin Pollig unchristlich 
wäre, dadurch Perfchwand plötzlich auch die letzte ©pur pon Hoch¬ 
achtung und yurcht Por dem Papste, und er hielt sich nun sogar 
für Perpflichtet, den Menschen darüber die Augen zu öffnen. 
Wir haben noch eine Schilderung übrig, wie Luther damals aus¬ 
sah, Pon einem Manne, der mit ihm in Leipzig war. „Martin ist,“ 
so schreibt er, „Pon mittler Leibeslänge, hager von Sorgen und 
Studieren, so daß man fast die Knochen durch die Haut zählen konnte, 
annoch von männlichem und frischem Alter und klarer, erhabener 
Stimme. Er ist aber voll (Gelehrsamkeit und fürtrefflicher Wissen- 
fchaft der Schrift, so daß er gleichsam alles an den Fingern herzählen 
kann. Seinem Wesen nach ist er höflich und freundlich und hat 
nichts Sauertöpfisches und Strenges an sich, ja er kann sich in alle 
Seiten schicken. In Gesellschaft ist er lustig, scherzhaft, lebhaft und 
immer heiter, immer munteren und fröhlichen Gesichts, ob ihm die 
Widersacher noch so sehr drohen, daß man schwerlich denken kann, 
daß der Mann ohne Gott solch wichtige Dinge vornehme!" 
5. Wahl Karls V. Der Reichstag zu Worms. 
Der Bildersturm in Wittenberg. Fortgang der 
Reformation. 
Im Jahre 1519 schloß Kaiser Maximilian die Augen zum 
ewigen Schlafe. Wen sollte die deutsche Nation jetzt zum Kaiser 
wählen? Anfangs schwankten die Kurfürsten; denn zwei mächtige 
Fürsten bewarben sich um die Kaiserkrone. Ter eine war Maximilians
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.