— 44 - 
fletber an und schlich unerkannt in das Lager der 
Franken. Es war Weihnachten und der Kaiser hatte sein 
Zelt zu einer Kirche umschaffen lassen. Hoch üb er'in 
Altar auf einem goldenen Throne saß die Muttergottes 
mit dem Jesuskinde, zu beiden Seiten brannten unzählige 
Kerzen, und frohe Weihnachtslieder erfüllten den weiten 
Raum. Wittekind trat als Bettler in die Kirche. Er 
staunte über die Pracht, die er sah und staunte noch 
mehr über die tapfern Streiter, die rings um ihn her 
auf den Knien lagen. Vor dem Hochaltar kniete an¬ 
dächtig der Kaiser und um ihn her die Grafen und Edlen 
des Reiches. Hier sah Wittekind statt der Schwerter das 
Kreuz, und statt der wilden Kriegslieder vernahm er fromme 
Festgesänge; und nicht Pferde und Rinder wurden hier dar¬ 
gebracht; sondern Brod und Wein opferte der Priester 
auf dem Altare. Und nach der Wandlung erhob sich der 
Kaiser, trat zum Altar und empfing aus der Hand des 
Priesters das allerheiligste Sacrament. Wittekind sah 
es und erblickte in der heiligen Hostie das Jesuskindlein. 
Das schaute ihn lächelnd an und winkte ihm, als wolle 
es sagen: Komm zu mir, ich will dich glücklich machen. 
Da steht der Heide betäubt, er faltet fromm die Hände, 
seine Augen füllen sich mit Thränen. Und hin eilt er 
zum Altare, fällt aus die Kniee und bittet den Kaiser und 
den Priester um die hl. Taufe. Seine Bitte wurde ihm 
gewährt, und der Kaiser selbst war sein Pathe. 
Nach seiner Bekehrung sehnte sich Wittekind nach 
einem stillen Orte, wo er seine Tage in Ruhe verleben 
könne. Er wählte Enger in Westphalen. Dort hatte er 
seine Burg, und dort in der Kirche liegt er begraben. 
Noch heute wird ihm zu Ehren am Tage der heil. Drei¬ 
könige von 11—12 Uhr geläutet. Und noch jetzt ist dort 
in jedem Jahre ein Fest zu seinem Andenken. In den 
Schulen ist an diesem Tage kein Unterricht, die Kinder 
gehen gemeinschaftlich spazieren und werden beschenkt. König 
Friedrich Wilhelm IV. von Preußen hat zu diesem Zwecke 
der Stadt Enger ein Kapital geschenkt, von dessen Zinsen 
die Kosten für das jährliche Schulfest bestritten werden.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.