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fletber an und schlich unerkannt in das Lager der
Franken. Es war Weihnachten und der Kaiser hatte sein
Zelt zu einer Kirche umschaffen lassen. Hoch üb er'in
Altar auf einem goldenen Throne saß die Muttergottes
mit dem Jesuskinde, zu beiden Seiten brannten unzählige
Kerzen, und frohe Weihnachtslieder erfüllten den weiten
Raum. Wittekind trat als Bettler in die Kirche. Er
staunte über die Pracht, die er sah und staunte noch
mehr über die tapfern Streiter, die rings um ihn her
auf den Knien lagen. Vor dem Hochaltar kniete an¬
dächtig der Kaiser und um ihn her die Grafen und Edlen
des Reiches. Hier sah Wittekind statt der Schwerter das
Kreuz, und statt der wilden Kriegslieder vernahm er fromme
Festgesänge; und nicht Pferde und Rinder wurden hier dar¬
gebracht; sondern Brod und Wein opferte der Priester
auf dem Altare. Und nach der Wandlung erhob sich der
Kaiser, trat zum Altar und empfing aus der Hand des
Priesters das allerheiligste Sacrament. Wittekind sah
es und erblickte in der heiligen Hostie das Jesuskindlein.
Das schaute ihn lächelnd an und winkte ihm, als wolle
es sagen: Komm zu mir, ich will dich glücklich machen.
Da steht der Heide betäubt, er faltet fromm die Hände,
seine Augen füllen sich mit Thränen. Und hin eilt er
zum Altare, fällt aus die Kniee und bittet den Kaiser und
den Priester um die hl. Taufe. Seine Bitte wurde ihm
gewährt, und der Kaiser selbst war sein Pathe.
Nach seiner Bekehrung sehnte sich Wittekind nach
einem stillen Orte, wo er seine Tage in Ruhe verleben
könne. Er wählte Enger in Westphalen. Dort hatte er
seine Burg, und dort in der Kirche liegt er begraben.
Noch heute wird ihm zu Ehren am Tage der heil. Drei¬
könige von 11—12 Uhr geläutet. Und noch jetzt ist dort
in jedem Jahre ein Fest zu seinem Andenken. In den
Schulen ist an diesem Tage kein Unterricht, die Kinder
gehen gemeinschaftlich spazieren und werden beschenkt. König
Friedrich Wilhelm IV. von Preußen hat zu diesem Zwecke
der Stadt Enger ein Kapital geschenkt, von dessen Zinsen
die Kosten für das jährliche Schulfest bestritten werden.