— 151 —
in die Stadt. Die Wachen wurden überfallen, die Thore
geöffnet, durch welche nun die Kaiserlichen einzogen. Das
Geräusch der einziehenden Truppen weckte die Franzosen,
und halb angekleidet rückten sie unter die Gewehre. Villeroi
war richtig den Abend vorher in der Stadt angelangt.
Als der Lärm auf der Straße anging, schrieb er noch ganz
angekleidet auf seinem Zimmer und ließ sogleich seine
Pferde vorführen. Kaum hatte er seinen Fuß im Steigbügel,
als er erfuhr, daß die Feinde in der Stadt seien. Da
sprengte er die Straße hinab, um den großen Platz zu
gewinnen, der für den Fall eines Lärmes zum Sammel¬
platz angewiesen war. Wie er um die Straße bog, fielen
Schüsse; er schlug einen andern Weg ein, und jagte dem
Markte zu, wo die Seinigen bereits im Kampfe mit den
Kaiserlichen waren. Von weitem schrie er den Seinigen zu,
sich brav zu halten, aber alsbald wurde er von den Kai¬
serlichen umringt und gefangen genommen.
Es war Heller Tag geworden, durch alle Straßen
wogte der Kampf. Eugen bestieg den Glockenthurm des
Domes, um den ganzen Kampfplatz zu überblicken. Hier
überzeugte er sich, daß es besser sei, sich zurück zu ziehen,
weil die Franzosen aus den nächst gelegenen Orten mehr
und mehr ihrer Leute herbeiriefen. Durch dasselbe Thor,
durch welches er eingedrungen, verließ er nachmittags, nach¬
dem seine Leute sieben oder achtmal im Feuer gestanden
und vor Müdigkeit fast das Gewehr nicht mehr handhaben
konnten, in schönster Ordnung die Stadt; den Oberfeld¬
herrn, achtzig Offiziere, 400 Gemeine, 7 Fahnen und
eine große Anzahl von Pferden führte er mit sich. Ganz
Europa ergoß sich in Lobeserhebungen Eugens, der mitten
aus einer der stärksten Festungen heraus den feindlichen
Oberfeldherrn abgeholt hatte.
Ludwig schickte nun den Herzog von Vendome mit
einem Heere nach Italien. Vendome's erste Sorge war,
Cremona beffer zu verwahren. Mitte Juli sandte Ludwig
seinen Enkel Philipp, für den er die spanische Erbschaft
zu gewinnen suchte, Vendome nach, um Eugen aus Ita¬
lien zu vertreiben. Aber Eugen kam ihm zuvor, rückte den