fullscreen: Bilder aus dem westlichen Mitteldeutschland (Bd. 6)

Geographisches. Die Werra und ihre Zuflüsse. 7 
Schon unsere Vorfahren hielten Werra und Weser für einen und denselben 
Strom, in welchen die Fulda mündet: noch im Mittelalter wird die Weser bei 
Bremen meistens Werra (Wirraha) genannt. Ursprünglich sind anch beide Namen, 
sowohl Werra (Wirraha) wie Weser (Wisura), nur Verkürzungen des Stamm- 
Wortes Wisnrracha, das die Römer in Visurgis verwandelten. 
Die Werra entspringt unweit der Grenze des Thüringer- und Franken- 
Waldes, zwischen Wurzel- und Bleßberg, nordöstlich von Eisfeld, „aus drei 
Quellbächen, welche als Querthäler den südöstlichen plateauförmigen Teil des 
Thüringerwaldes durchschneiden". Die drei Quellen heißen: Das Saarwasser, 
das eine halbe Meile westlich von Steinheide entspringt (708 m); die nasse Werra, 
die sich beim Dörfchen Saargrund mit dem Saarwasser vereinigt, und die trockene 
Werra, die bei Schwarzenbrunn zufließt. Der durch diese Zuflüsse vergrößerte 
Fluß, welcher schon nach dem Zusammenströmen der beiden ersten Quellbäche 
schlechthin die Werra genannt wird, fließt zunächst bis oberhalb Hildburghausen 
in südwestlicher, dann bis Meiningen in westlicher und schließlich in Nordwest- 
licher Richtung dahin, rechts von dem Thüringerwalde begleitet. Es giebt kaum 
in Deutschland ein anmutigeres Thal als dieses von der Werrabahn (zwischen 
Eisenach und Lichtenfels) durchzogene, zwischen dem Thüringerwald und der 
Vorderrhön eingesenkte Längenthal mit seinen romantischen Seitenthälern. Be- 
sonders reizend wird es in der Gegend von Meiningen; die Krone bildet wohl 
das schöne Schwarzathal, an dessen Eingang uns auf hoher Felswand der latei- 
nische Gruß: Salus mtrantibus, „Heil den Eintretenden!" empfängt. 
Unter den Zuflüssen der Werra von rechts nennen wir die Schleuse bei 
Themar, welche einen reichen Zuschuß an Wassermassen zuführt; dann die Hasel 
mit der hennebergischen Schwarza und die Schmalkalde. Links fließen von 
der Rhön die Ulster und Felda zu. Nun macht der Fluß, eingeengt durch 
Vorsprünge des hessischen Berglandes und den Sielingswald, eine entschiedene 
Wendung nach Norden, bahnt sich durch Kalkgebirge seinen Weg in „die Wei- 
tung von Berka, einen früheren Landsee, und naht sich nach neuem Durchbruch 
einer neuen Krise seines Laufes". Bei Hörsel, unweit des sagenberühmten 
Venusberges, in welchem Ritter Tannhäuser in den Armen der Frau Venus 
(eigentlich der germanischen Göttin Holda) ein Leben voll Üppigkeit und sünd- 
licher Wollust verbrachte, unfern der romantischen Wartburg, wo wir im Geiste 
dem Sängerkriege lauschen uud in einsamer Zelle den großen Reformator sehen, 
der mit Tintenschwärze den schwarzen Teufel verjagt: da arbeitet sich die Werra 
durch die Thüringische Pforte in vielen Windungen in das hessische Berg- 
land hinaus und nimmt dort ihren stärksten Zufluß, die Hörsel, auf. Die 
Quelle der Hörsel heißt Leine, welche sich durch das Schilfwasser aus dem 
Friedrichrodas Grunde und das Badewasser aus dem Reinhardsbrnnner Thale 
verstärkt und von da ab den Namen Hörsel führt. Sie bewässert eins der 
schönsten Thäler am Nordwesthange des Thüringerwaldes und nimmt mehrere 
kleine Zuflüsse von da in sich auf, wie die Laucha, Emse, Ruhla (Wutha) und 
unterhalb Eisenach die ansehnliche Nesse aus dem thüringischen Hochlande. 
Im Jahre 1639 führte man aus der Leine einen Arm nach dem wasserarmen 
Gotha und, als dies nicht ausreichte, in diesen Leinekanal später noch einen 
Arm aus der zum Elbgebiete gehörigen Apfelstedt. Da hätten wir denn ein 
kleines Beispiel einer Bisurkation und komplizirten Flüsseverknüpfung.
	        
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