Full text: Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Lehraufgabe der Oberprima) (Teil 3)

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Als unter der Finanzverwaltung Calonnes sich die Staatsschuld in 
drei Jahren um 1000 Millionen vermehrt hatte und ein großer Teil der 
künftigen Einnahmen verpfändet war, suchte auch er den Staatsbankerott 
durch eine Besteuerung des Adels und der Geistlichkeit abzuwenden und 
berief eine Notabeln-Versammlung (1787) nach Paris, um eine Grund¬ 
steuer für alle zu erhalten. Doch die Bevorrechteten hielten auch jetzt zu¬ 
sammen und setzten seine Absetzung durch. 
Brieuue, Erzbischof von Toulouse, Calonnes Nachfolger und ent¬ 
schiedenster Gegner, entließ die Notabeln und verhandelte wieder mit dem 
Parlament. Schon hatten aber die Wünsche nach einer konstitutionellen 
Verfassung und die demokratischen Grundsätze Nordamerikas derartige Ver¬ 
breitung gefunden, daß der Minister keine Steuer mehr durchsetzen und die 
lausenden Ausgaben nur durch Vorauserhebung der Steuern bestreiten konnte. 
Daher berief der König abermals Necker an die Spitze der Finanz¬ 
verwaltung und willigte auf seinen Wunsch in die Berufung der Reichs- 
stände, um den Kredit des Staates wieder zu heben. 
3. Die konstituierende Nationalversammlung. 1789—1791. 1789- 
1791 
Im Jahre 1789 erfolgten die Wahlen der Reichsstünde: Je 300 Ab¬ 
geordnete wühlten die beiden feudalen Körperschaften, der Adel und die 
Geistlichkeit, 600 der dritte Stand. 
Er forderte, daß alle drei Stände eine einzige gemeinsame Kammer 
bilden solle und daß nach Köpfen abgestimmt werde. Gemäß der Schrift 
des Abbes Sieyes „Qu’est-ce que le tiers etat?“ fühlten sie sich als die 
eigentliche Vertretung des Volkes und legten sich den Namen „National¬ 
versammlung" (assemblee nationale) bei. Als Ludwig XVI. die Schlich¬ 
tung des Streites selbst in einer königlichen Sitzung (seance royale) vor¬ 
nehmen wollte und der Sitzungssaal für die Zurüstungen geschlossen wurde, 
zogen die Abgeordneten des dritten Standes in den Saal des Ballhauses 
(20. Juni 1789) und leisteten den Schwur, sich nicht zu trennen, bis stc- 
dem Königreiche eine Verfassung gegeben hätten, ja verweigerten dem Be¬ 
fehle, über die Anträge getrennt nach den drei Ständen zu beraten, den 
Gehorsam. In den nächsten Tagen traten mehrere vom Adel uud von der 
Geistlichkeit zu ihnen über, darunter der Herzog Philipp von Orleans 
und Talleyrand-Perigord, Bischos von Antun. 
Der König gab nach und befahl dem Reste der bevorrechteten Stände, 
sich dem dritten Stande anzuschließen. So wurde aus der Versamm¬ 
lung der drei Reichsstände eine einzige „konstituierende National¬ 
versammlung". 
Die Erstürmung der Bastille. Jetzt hätte der König die einflu߬ 
reichsten Abgeordneten zu Ministern ernennen und mit der Mehrheit regieren 
sollen, wie Mirabeau riet, er berief aber nach dem Rate der Hofpartei 
ein Ministerium aus den Gegnern der Versammlung, entließ Necker und
	        
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