ä°9 freinbe ^truppen in feine Nähe. Vorüber entsteint) eine ungeheure Auf-
89 regung, unb bas Proletariat stürmte am 14. Juli 1789 bas Jnvaliben-
hotel, verteilte bie Waffen unb marschierte gegen bie Bastille, bie als Staats¬
gefängnis allgemein gehaßt würbe. Nach kurzem Wiberstanbe ergab sich bie
Besatzung ben zum Volke übergetretenen Garbisten unter ber Bebingung
freien Abzuges, mürbe aber auf ber Straße vom Pöbel niebergemetzelt ober
an bie Laternen gehängt.
Folgen der Erstürmung der Bastille. Die Einnahme ber Bastille
bewirkte, baß in Paris jebe gesetzliche Drbnung aufhörte. Das Staats¬
gefängnis würbe bem Erbboben gleichgemacht; viele einflußreiche Männer
fielen ber Volkswut zum Opfer. Da ber König bie Gewalttaten ungestraft
ließ, so saub bas böse Beispiel ber Hauptstabt Nachahmung in ben Pro¬
vinzen. Die Bauern vertrieben ober töteten ihre Herren unb zerstörten
bie Schlösser bes Abels; eine große Zahl von Ebelleuten, barunter bes
Königs Bruber Karl, Gras von Artois, flüchtete ins Ausland (emigrierte).
Die wohlhabenbe Bevölkerung ber Hauptstabt errichtete zum Schutze von
Leben unb Eigentum eine Nationalgarbe; Lasayette war ihr Anführer.
Necfer, zum brüten Male mit ber Leitung ber Finanzen beauftragt, würbe
von allen Parteien mit Jubel begrüßt, war aber nicht mehr Herr ber Be¬
wegung. In ber Nachtsitzung vom 4./5. August suchte bie National¬
versammlung einen neuen, ibealen Staat aufzurichten mit völliger Gleich¬
berechtigung aller Bürger, also Aushebung ber Leibeigenschaft, aller Fronen
unb Feuballasteu, Ablösung ber Zehnten, Beseitigung ber Zahlung ber
Annaten an bie päpstliche Schatzkammer, Aushebung ber Zünfte unb
Innungen. Der Kamps um bie neue Staatsordnung würbe ber blutigste
unb gewaltigste, ben bie Weltgeschichte kennt; er zog ganz Europa in Mit-
leibenschast unb wirkte bis auf bie Gegenwart nach.
Vergeblich bemühte sich Mirabeau, bie Verfassung nach englischem
Vorbilbe zu gestalten: für bie Volksvertretung würbe nur eine Kammer
festgesetzt unb bem Könige bloß bas „suspensive" Veto zugestanben. Auf
Lafayettes Antrag erließ bie Versammlung bie Erklärung ber all¬
gemeinen Menschenrechte, beren brei Hauptbestimmungen bie angeborene
Freiheit unb Gleichheit aller Menschen, bas unveräußerliche Recht ber Unter¬
tanen zum Wiberstanbe gegen Unterbrückung unb bie Lehre von ber aus¬
schließlichen Souveränität ber Nation bilbeten.
Übersiedelung der königlichen Familie nach Paris. Da ber König
mit ber Unterzeichnung einer solchen Verfassung zögerte itnb bie Menschen¬
rechte überhaupt nicht anerkannte, vielmehr treue Truppen nach Versailles
rief, verbreitete sich bas Gerücht, bie Hauptstabt sei bebroht unb ber König
wolle fliehen. Lasayette suchte baher Lubwig von feinem Hofe zu trennen
unb nach Paris zu bringen. Zugleich wünschte ber Herzog Philipp von
Orleans sich ber Regierung zu bemächtigen unb stachelte bie rohen unb
Hunger leibenben Massen zu einem Zuge nach Versailles, aus, in ber Hoff¬
nung, ber König werbe ermorbet werben unb bie Regentschaft auf ihn über-