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einen Sarg für euren Kaiser." Und in der Tat ging diese Wolke bald vorüber Nach
zweijähriger Regierung fiel Kaiser Julian im Kampfe gegen die Perser. Als er sterbend
vom Pferde stürzte, soll er eine Handvoll seines Blutes in die Luft geschleudert und
gerufen haben: „So hast du doch gesiegt, Galiläer!" Mit ihm verlor das Heidentum
leine letzte 'stütze. Tie Heiden zogen sich auf die Dörfer zurück und verschwanden
allmählich.
5. Kirchliche Einrichtungen. — Mit dem Siege des Christentums wurde das
Leben der Gemeinde ein anderes. Man kam nicht mehr an verborgenen Orten, sondern
tu prächtigen Gotteshäusern zusammen. Die Priester trugen kostbare Gewänder, die
Kirchen wurden mit Bildern, Kerzen und Lampen geschmückt. Bei öffentlichen Aufzügen
(Prozessionen) führte man allem Volke den Glanz und die Macht der Kirche vor
Augen. Die Märtyrer wurde als Heilige verehrt und ihre Bilder und Überreste
> Reliquien) angebetet. Mit der Zahl der Heiligen wuchs der Glaube an die Kraft
ihrqr Fürbittte. Die größte Verehrung genoß die Jungfrau Maria als Mutter Gottes.
Die Geistlichen (ber Klerus) trennten sich scharf von den Nichtgeistlichen (den Laien >
Letztere würben jeden Einflusses auf Die Leitung ber kirchlichen Angelegenheiten beraubt.
Um die Mitte des 5. Jahrhunderts schwang sich der Bifchof von Rom unter dem Namen
Papst zum vornehmsten Kirckienfürsten empor. Auf Kirchenverfammlnugen (Konzilen)
wurden Lehrstreitigkeiten geschlichtet. Wer sich der Entscheidung widersetzte, ward als
Ketzer aus der rechtgläubigen (katholischen) Kirche ausgestoßen und verfolgt.
19. Ende des römischen Reiches.
1. Teilung des Reiches. 395.— Der römische Kaiser Theodosius
der Große teilte kurz vor seinem Tode das Reich unter seine beiden Söhne
Arkadins und Honorius. Arkadius bekam den Osten mit der Hauptstadt
Konstantinopel, Honorius den Westen mit der Hauptstadt Rom. Die
Trennung blieb bei der Feindschaft der Brüder von Bestand. Somit gab
es ein oströmisches und ein weströmisches Reich.
2. Untergang des weströmischen Reiches. 476 n. Chr. — Das west¬
römische Reich hatte die fortgesetzten Angriffe der Germanen auszuhalten.
Eine Provinz nach der andern ging verloren. Die römischen Kaiser hatten
nicht die geringste Macht mehr und konnten sich nur durch die Unterstützung
der deutscheu Mietstruppen auf dem Throne halten. Der letzte Kaiser war
der junge Romulns Augustulus. Von ihm verlangten die deutschen
Mietstruppen zur Belohnung für ihre Dienste den dritten Teil der Lände¬
reien Italiens. Als der Kaiser diese Forderung abschlug, rückte Odoaker,
ein deutscher Heerführer, über die Alpen, nahm den Kaiser gefangen und
setzte ihn ab. Er wurde auf ein Landgut verwiesen und erhielt ein Jahr¬
gehalt. Damit hatte das weströmische Reich seinen rnhmlosen Untergang
gefunden. 476. Odoaker nannte sich „König von Italien." Er wnrde
später von Theodorich, dem König der Ostgoten, verdrängt.
3. Untergang des oströmischen Reiches. 1453.--Das oströmische oder grie¬
chische Reich hielt sich 1000 Jahre länger. Dann endete es mit Schrecken. Im Jahre
1453 wurde es von den Türken oder Osmanen erobert. Ihr wilber Sultan
Mohammed II. schloß mit einem mächtigen Heere die Hauptstadt Konstantinopel ein.
Der Kaiser Konstantin verteidigte sich mit größtem Heldenmut. Unter wildem Schlacht¬
geheul erstürmten die Türken endlich die Mauern der Stadt. Der Kaiser fiel unter den
Streichen der Feinde; fein Haupt ward abgeschlagen und zur Schau gestellt. Die
Bewohner wurden getötet oder in die Sklaverei verkauft. Die herrliche Sophienkirche
wurde in eine Moschee verwandelt, auf ihrer Kuppel an die Stelle des Kreuzes der
Halbmond ausgepflanzt. Fortan ist Konstantinopel die Hauptstadt der Türken geblieben.