die Landschaft herein. Keine Wolke nah und fern, nur über- dem
Mittagskogcl verblasene Sirokkostreifen. Ter Wörthersee schläft und
alles um ihn her. Oder doch nicht? Nein, auf der Pappelinsel ist's
lebendig. Und wie lebendig! So ungefähr wie auf dem Konstantinhügel
im Prater an einem Maisonntag. Schwarzgelbe, blauweiße, rotwciße
Fahnen und Wimpel flattern vom Schloßdache; auf der Esplanade
schlingen sich Blumengirlanden von Baum zu Baum, und dazwischen
hängen Lampions in allen möglichen Formen und Farben. Das
ganze Ufer wimmelt von Menschen.
Was hat sie doch in der Mittagsschwüle zu Hunderten aus Klagen-
furt und den umliegenden Kurorten herbeigelockt? Was gibt es zu
sehen oder zu hören? Ein tannenbekränztes Plakat mit sensationellen
Lettern erteilt genügende Auskunft:
„Regatta!"
Großes Preiswettfahren der beiden Rudervereine „Albatros" und
„Nautilus". Start von Loretto präzise fünf Uhr abends.
Es ist noch gar nicht lange her, daß das vulgäre „Schifferlfahren"
aus dem Wörthersee einen sportlichen Charakter angenommen hat. Die
beiden Ruderklubs sind blutjung. Mit begreiflichem Interesse also
sieht alles dem Augenblicke entgegen, wo sie ihre Leistungsfähigkeit
beweisen sollen. Tort liegen die Boote, zwölf an der Zahl, und die
Bemannung wartet des Zeichens zur Abfahrt. Es sind meist junge
kräftige Gestalten. Tie abgebrannten Gesichter und Arme kontrastieren
lebhaft mit dem lichten Sportkostüm: „Nautilus" rotweiß, „Albatros"
blauweiß.
Jetzt ertönt ein Tusch der vor dem Schlosse postierten Militär¬
kapelle. Vierundzwanzig lange, schmale Ruder tauchen in die Flut,
und unter fröhlichen Walzerklängen und den Hurrarufen des Publi¬
kums schießen die zwölf Kielboote, Pfeilen gleich, durch das knisternde
Schilf in den See hinaus. Ich sehe sie noch vor mir. Wir standen
auf dem Balkon einer knapp am Wasserrande erbauten Villa. Das
Sonnenlicht war so scharf, daß man keines Opernglases bedurfte, um
die einzelnen Boote genau zu verfolgen.
Ein paar Sekunden gleiten sie in gleicher Zeile dahin. Noch ein
paar Sekunden, und eine Bootspitze strebt aus der Linie. Die Ruderer
rotweiß — ein Nautilaner also. Ein Albatros ist dicht hinter ihm
her; aber der Nautilus fährt wie die Windsbraut und gewinnt im
Handumdrehen einen Vorsprung von nahezu drei Bootslängen.
Der zweite Albatros ringt mit dem zweiten Nautilus um die
Palme und überholt diesen und noch einen Gegner. Der dritte Albatros
bleibt zwar kurze Zeit hinter dem vierten Nautilus zurück,-überflügelt
ihn aber nach fünf Minuten ebenfalls. Die übrigen Boote folgen