Der Bürgerkrieg in Deutschland.
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Barbarossas jüngster Sohn, die Regierung. Da aber die Gegner des
Staufischen Hauses die Absicht erkennen ließen, sich nicht an die geschehene
Wahl zu kehren, sondern einem Welfen die Krone zuzuwenden, beschlossen
seine Anhänger, auf Friedrichs Rechte nicht weiter Rücksicht zu nehmen,
sondern stellten Philipp als König auf. Nachdem er gewählt war,
wurde von der anderen Seite dem zweiten Sohne Heinrichs des Löwen,
Otto, die Krone übertragen. Dem edeln, ritterlichen, wegen seiner
Leutseligkeit gepriesenen Staufer trat ein abenteuerlustiger junger Fürst,
der Liebling seines Oheims Richard Löwenherz von England, an dessen
Hofe er erzogen worden war, der vielen nicht einmal als Deutscher galt,
gegenüber. Diesen erkannte Innozenz nach längerm Zögern an und bannte
Philipp. Erst als der Staufer nach jahrelangem Kampfe entschieden das
Übergewicht gewann (besonders durch die entscheidende Schlacht bei Wassen¬
berg, unweit der zur Maas gehenden Rur), hat er sich auch mit ihm
verständigt. Otto war auf seine Erblande beschränkt, fast ohne Anhänger,
als Philipp aus Privatrache von Otto von Wittelsbach, dem Neffen des
Lebensretters Barbarossas, in Bamberg ermordet wurde.
2. Otto IV. und Friedrich II. Darauf wurde Otto von den
meisten Fürsten anerkannt: er verhängte die Acht über Philipps Mörder
und verlobte sich mit der Tochter Philipps. Dem Papste erneuerte er die
Versprechungen, die er ihm während des Bürgerkrieges gemacht hatte; er
gab darin die dem Könige im Wormser Konkordat vorbehaltenen
Rechte auf. Dies ist der erste große Verzicht eines deutschen Königs
auf einen Teil seiner Hoheitsrechte.
An der Spitze eines stattlichen Heeres zog er nach Italien, stellte in
der Lombardei das während der Bürgerkriege schwer erschütterte könig¬
liche Ansehen wieder her und empfing in Rom die Kaiserkrone.
Nun aber machte Otto die kaiserlichen Rechte in Mittelitalien sehr
wider Willen des Papstes und gegen seine Versprechungen geltend; ja er
überschritt auch die Grenzen Apuliens, um den Normannenstaat als
Lehen des Reiches in Besitz zu nehmen. So mußte es zwischen ihm
und Innozenz, der entschlossen war, eine Vereinigung von Sizilien und
Deutschland in einer Hand niemals wieder zuzulassen, zum Bruche
kommen. Der Papst verhängte den Bann und sortierte Fürsten und
Völker auf, sich vom Kaiser zu trennen. Als Otto, im Begriffe, von
Kalabrien nach Sizilien überzusetzen, erfuhr, daß die Lombarden von
ihm abgefallen waren, und daß in Deutschland eine Anzahl mächtiger
Fürsten mit dem Papste im Einvernehmen Friedrich II., den König
von Unteritalien, als deutschen König aufgestellt hatten, trat er ben
Rückzug an.
Ihm folgte Friedrich 11., der soeben noch in Palermo Schiffe znr
Flucht aus Sizilien gerüstet hatte, fast auf dem Fuße nach. In Nord¬
italien als König begrüßt, in Schwaben, der Heimat feines Hauses, zu¬
erst anerkannt, wurde er bald darauf in Mainz zum Könige gekrönt.