44
Die germanische Wanderung int 5. und 6. Jahrhundert.
Darauf rückte Alarich zum zweiten Male in Italien ein. Er be¬
lagerte Rom dreimal, plünderte im Jahre 410 die Stadt, doch berück¬
sichtigte er das Asylrecht der Peter- und Paulskirche. Bald darauf starb
er in^Unteritalien bei Cosenza. (Vgl. „Das Grab im Bnsento".)
Sein Nachfolger Athaulf führte, in der bemerkenswerten Erkenntnis,
daß seine Goten noch nicht reif feien zur Übernahme des italischen Erbes,
seine Volksgenossen nach Gallia Narbonensis, wo sie sich im Einverständnis
mit Honorins niederließen. Unter Wallia begannen sie Spanien für die
Römer zu erobern. Im 5. Jahrhundert dehnte sich ihr Reich über die
ganze Halbinsel und das südliche Frankreich bis zur Loire aus.
In demselben Zeitraume siud auch die übrigen Provinzen des West¬
römischen Reiches besetzt worden.
In Spanien hatten vor den Westgoten Sueveu, Vandalen
und Alanen Königreiche gegründet. 429 führte Geiserich die Vandalen
nach Afrika und wählte Karthago zur Hauptstadt. Er war in der
Mitte des Jahrhunderts ein gefürchteter Seeräuber. Rom wurde von
ihm erobert und geplündert.
Die ostgermanischen Burgunder: (Bornholm — Burgundarholm¬
waren aus ihrer Wanderung nach Westen zum Rhein gelangt, als Stilicho
die Legionen zum Schutze Italiens wegzog. Sie überschritten den Strom
und siedelten sich um Worms an.
Südlich vou ihnen waren die Alamannen schon längst im heutigen
Elsaß eingedrungen, nördlich hatten die Franken den Strom überschritten
lvgl. oben) und erreichten allmählich die Somme.
Die Bewohner Britanniens riefen gegen Pikten und ©toten,
deren Plünderungen sie nach dem Abmarsch der Besatzungen schutzlos preis¬
gegeben waren, Hilfsvölker aus den Stämmen der Sachsen, Angeln
und Juten herbei. Diese setzten sich um 449, angeblich unter Hengist
und Horsa, auf Inseln an der Themfemündung fest; sie erhielten unablässig
Zuzug aus der Heimat, breiteten sich über die Ostküste des heutigen
Englands ans, verdrängten im Laufe des 5. Jahrhunderts die (keltischen)
Briten nach Wales und Aremorika (Bretagne) und gründeten schließlich
sieben Reiche. (Vgl. Artus und seine Tafelrunde. Das Beowulflied.)
Das Ergebnis der Völkerverfchiebungen war etwa im Jahre 450,
daß nur noch Italien und das zwischen Loire und Somme liegende
Gallia, dazu Norikum und Dalmatien unter der Verwaltung des west¬
römischen Kaisers standen.
§ 23. Attila. Um 450 waren Hunnen, Ostgoten, Langobarden,
Gepiden und andere Völkerschaften unter der Herrschaft Attilas (der
Name ist gotisch) vereinigt. Von der Theißniederung aus beunruhigten
sie das Oströmische Reich und nötigten ihm Tributzahlungen ab. Im
Einverständnis mit Aetius, dem Berater des weströmischen Kaisers, zog
Attila gegen die Burgund en und brachte ihnen unter ihrem Könige
Gnndakar eine schwere Niederlage bei; die Reste des Volkes erhielten an
der Saöne und Rhone Wohnsitze (Burgund). 451 griff Attila das West-