L. Tarquinius Superbus. Die Republik am Anfänge der Verfassungskämpfe. 93
quinius gegenseitig. Jener wurde als Rächer der Frauenehre von den römischen
Matronen ein Jahr lang betrauert. Die Stimme des Waldgottes sprach den Rö¬
mern den Sieg zu.
204. Der Kampf des Porsenna und der Latiner. Den um diese
Zeit zur See und in Etrurien, sowie Campanien mächtigen Etruscern
war die kleine römische Landschaft hinderlich. Porsenna, König von
Clusium, zwang trotz der Heklenthat des Horatius Codes, des Mord¬
versuches des C. Mucius Scaevola (Clölia) die Römer zur Abtretung von
10 Tribus auf dem rechten Tiberufer und zu dem Versprechen, das
Eisen nur zum Ackerbau zu gebrauchen. Von dem Versuche des sieg¬
reichen Königs, den Tarquinius wieder einzusetzen, ist nicht die Rede.
Auch die Latiner fielen ab, aber schwerlich im Interesse des
ihnen einst so feindseligen Tarquinius. Am See Regillus, südlich
von Gabii, gewann der Diktator Aulus Postumius 496 einen Sieg, 496
der in homerischer Weise durch Einzelkämpfe und Betheiligung der
Dioskuren ausgeschmückt ist. Die beiden Söhne des Tarquinius sollen
gefallen, er selbst schwer vom Diktator verwundet sein.
Trotzdem ging Rom nach drei Jahren ein gleiches Bündniss mit
dreissig latinischen Städten ein. Dasselbe gewährte ausser der Theil-
nahme an Opfern, Festen und der Beute das Recht, in fremden Ge¬
meinden zu kaufen und zu verkaufen.
Der mehr als achtzigjährige Tarquinius fand im Jahre nach der Schlacht
beim Tyrannen Aristodemus von Cumae seinen Tod.
205. Folgen der Königsherrschaft. Fünf Jahrhunderte lang war der durch
Tradition eingewurzelte Hass gegen das Königthum rege und oft von grosser
Wirkung. Und doch hat Rom unter den Königen sich siegreich gegen die Nach¬
barn behauptet und ist das Haupt des latinischen Bundes geworden. Ein car-
thagischer Handelsvertrag beweist die Bedeutung Roms zur See. Das König¬
thum hat den römischen Staat geschaffen und das Prinzip der Subordination,
wodurch Rom gross geworden ist, zur Geltung gebracht. Es ist die beste Schule
der Zucht und politischen Erziehung gewesen. „Die Zwietracht würde den noch
jungen Staat“, sagt Livius, „zersplittert haben, den die ruhige Milde der Regierung
zusammenhielt und so erstarken liess, dass er die segensreiche Frucht der Frei¬
heit bei schon gereiften Kräften tragen konnte“.
Die Republik am Anfänge der Yerfassungskämpfe.
206. Die Aenderung der Verfassung. Der Uebergang zur Republik scheint
weniger glatt und schnell gewesen zu sein, als die Geschichtschreiber berichten.
Sie widersprechen einander zum Theil. Als erste Staatsvorsteher werden genannt
der bald vertriebene L. Tarquinius Collatinus und L. Junius Brutus, M. Hora¬
tius, welcher den Jupitertempel einweihte, Valerius u. a. Vielleicht bildete
die Oligarchie oder die Dictatur die Uebergangsstufe.
Die gesetzliche Umgestaltuug der Verfassung bestand darin, dass
die königliche Macht beschränkt und getheilt wurde. Das Ober¬
priesterthum übertrug man einem auf Lebenszeit gewählten kleinen
Opferkönig,*) um nicht den Göttern ihr Recht zu schmälern. Er
durfte aber kein Amt bekleiden und nie in der Volksversammlung
sprechen. Die ändern königlichen Rechte (welche?) erhielten zwei
für ein bürgerliches Jahr von den Centuriatcomitien gewählte
*) Rex sacrificulus oder sacrorum.