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Die griechische Geschichte: 431—338. 
Ihr Gegner war Socrates, Erfinder der kritischen Methode und ethi¬ 
scher Philosoph. Weil er die Falschheit des vermeintlichen Wissens auf¬ 
deckte, erregte er Misstrauen und Anstoss und wurde in den „Wolken“ des 
Aristophanes verspottet. Alle Tugend hielt er für Erkenntniss, die Sünde für 
das Resultat der mangelnden Erkenntniss. Sein Leben und sein Tod ent¬ 
sprachen seiner Lehre. 
Verbreitung wurde derselben erst durch Plato, Xenophon und die 
ändern Schüler verschafft. Der erste hat die Philosophie an die Oeffentlichkeit 
gezogen und zum Gegenstände allgemeiner Bildung gemacht. Sein System darf 
als die reifste Frucht der griechischen Bildung angesehen werden. In 
dichterisch-philosophischem Geiste entwirft er das ideale Bild einer harmonischen 
Welt. Unsere Aufgabe als Mensch und als Bürger scheint ihm aus dieser 
Anschauung, aus der Begeisterung für das Höchste und Schönste im Sitten- 
und Staatsleben zu entspringen. 
153 Aristoteles. Die innerliche Verschmelzung der griechischen mit der 
orientalischen Kultur wurde vorzugsweise durch Aristoteles angebahnt, den 
grössten Geistesheros des Alterthums, der mitten zwischen beiden Kulturepochen 
steht. Dem schönen, aber unausführbaren Idealismus Platos gegenüber machte 
er zuerst die Aussenwelt zum Gegenstände seiner Forschung. Er suchte den 
Werth und die Bedeutung des Einzelnen im Ganzen zu erkennen, und erst auf 
Grund so gewonnener Erfahrung betrachtete er die Natur des Geistes. Je 
zahlreichere Thatsachen Vorlagen, und je weiter die Erfahrung reichte, um so 
sicherer schien ihm die Schlussfolgerung. Deshalb suchte er den Inbegriff der 
Kenntnisse seiner Zeit nicht nur zu seinem Eigenthum zu machen, sondern er 
durchdrang dieselben auch mit schöpferischem Geiste, ordnete sie selbständig 
und brachte sie in ein System. Seine Resultate sind die unzerstörbaren Grund¬ 
lagen der Wissenschaft, als deren Begründer er alle Zeit angesehen worden ist. 
Plato, dessen Schüler er nach dem Tode seines reichen Vaters, eines Arztes 
im thracischen Stagira, 20 Jahre hindurch war, nannte ihn den Verstand seiner 
Schule. Darauf berief ihn Philipp von Macedonien als Lehrer seines 13jährigen 
Sohnes Alexander an seinen Hof. Während seiner darauf folgenden 13jährigen 
Lehrthätigkeit im Lyceion zu Athen (Peripatetiker) scheint er seine zahlreichen 
Schriften verfasst zu haben, von denen sich etwa der vierte Theil erhalten hat. 
Dieselben beziehen sich auf Poetik, Rhetorik, Philosophie mit Einschluss der 
Politik und Naturgeschichte, auf Mathematik, politische und litterarische Geschichte. 
Nach dem Tode seines grossen Schülers wegen Gottlosigkeit angeklagt, flüchtete 
er nach Chalcis, wo er ein Jahr nach dem Tode jenes starb. 
154. Die Beredsamkeit. Der grosse Rhetor, d. h. Lehrer derselben, wrar Isocra¬ 
tes; dessen Schüler waren die namhaftesten Redner, Dichterund Geschichtschreiber, 
fast alle Staatsmänner und Feldherrn, auch Demosthenes und Aeschines. Jener, 
der hochherzigste Grieche und grösste Staatsmann seiner Zeit, ist das vollendetste 
Muster der politischen Beredsamkeit. Er ist der geniale Vertreter aller jener 
Griechen, welche Freiheit und Unabhängigkeit ihres Vaterlandes gegen Macedonien 
zu vertheidigen entschlossen waren. Sein begabter Gegner hat durch offene 
Begünstigung der macedonischen Partei seinem Vaterlande den leichten Eingang 
des Fremden und sich selbst den Ruf eines Verräthers verschafft. 
155. Religion und Sitte. Zunächst verschwand die altreligiöse An¬ 
schauung auf dem durch die Sophisten bezeichneten Wege, und die Komödie 
durfte die Götter bald öffentlich verspotten. Der Patriotismus hörte immer 
mehr auf, und am Ende dieser Periode waren nicht immer die Schlechtesten 
macedonisch gesinnt. Das Söldnerwesen nahm einen grössern Umfang an. Leider 
wurde der Parteihader nach Beseitigung des früheren Dualismus um so stärker 
und grausamer und das ausgedehnte Unwesen der lletaerien wesentlich gefördert. 
Der Handel und die Industrie entwickelten sich reichlicher, und die 
Colonien ermöglichten allen Luxus. Es trat Verfeinerung des Lebens ein, aber 
zugleich damit, wie mit der xiuflösung des Nationalbewusstseins und dem Ein¬ 
flüsse des Fremden, ein Abfall von der heimischen Sitte, der bedenklich war 
(Sykophanten).
	        
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