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1786—1871: Deutschland und Frankreich. 
Westgrenze war schutzlos geblieben. Zunächst hielt die im Wiener Kongrefs 
versprochene landständische Verfassung die Gemüter in Spannung. 
Zuerst führten mehrere Rheinbundfürsten, vor allem Göthes Gön¬ 
ner, der Grofsherzog Karl August von Sachsen-Weimar, nach 
französischem Muster das Zweikammersystem und die Rechtsgleichheit 
ein. Bald folgten Baiern, Baden, Hannover, nicht ohne manchen Streit 
Würtemberg (Uhland: „Das gute, alte Recht“). 
König Friedrich Wilhelm III. von Preufsen versprach noch 
vom Wiener Kongresse aus, seinen Unterthanen, von welchen die erfolg¬ 
reiche Begeisterung ausgegangen war, eine Repräsentation des Volkes. 
Aber der Einflufs Oesterreichs und Rufslands, die Sehnsucht nach 
Ruhe des vom Schicksal so verfolgten und ängstlichen Königs und die 
besonderen Verhältnisse des bunt zusammengesetzten Staates stan¬ 
den der Ausführung entgegen. Jedoch wurde die Verwaltung einheit¬ 
lich geregelt, Finanzen und Heer in musterhafter Ordnung gehalten, 
und in den 8 Provinzen allmählich die Ständeversammlung ein¬ 
geführt, welche als Vorübung für die konstitutionelle Verfassung von 
der gröfsten Bedeutung war. 
Es ist ein besonderes Verdienst Friedrich Wilhelms III., mit den 
kleinen Nachbarstaaten, nachdem die Zollgrenzen in seinen einzelnen 
Provinzen beseitigt waren, einen Zollverein abgeschlossen zu haben, 
1828 dem unter mancherlei Einschränkungen auch 1828—1834 Baiern, Wür- 
—34temberg u. a. beitraten, so dafs derselbe 18 Million Einwohner umfafste. 
Dadurch wurde die politische Einigung Deutschlands vorbereitet. In 
Oesterreich hinderte der Staatskanzler Fürst Metternich („Alles 
für, nichts durch das Volku) jeden politischen Fortschritt. 
167. Der Anfang des Kampfes um die Einigung Deutschlands. 
Ein längerer Kampf brach zwischen der Regierung und dem Volke 
aus um die Einigung Deutschlands. Als Vertreter der zu diesem 
1817 Zwecke gegriindeteu deutschen Burschenschaft 1817 auf der Wart¬ 
burg den Jahrestag der Leipziger Schlacht und das 300jährige Jubel¬ 
fest der Reformation feierten, und ein Student unter allgemeinem Jubel 
mifsliebige Bücher und den Zopf verbrannte, gerieten die 4 Grofs- 
mächte in Bewegung über die „teutonischen Jakobiner“. Durch die 
Ermordung des russischen Staatsrates Kotzebue erhielt Metternich Ge¬ 
legenheit, gegen derartige Bestrebungen den Bundesrat und die Regie¬ 
rungen zur gewaltsamen Reaktion zu bewegen. 
1819 Auf dem Kongresse einzelner Minister zu Karlsbad 1819 wurde 
die Zensur verschärft, die Leitung der Universitäten Regierungskom¬ 
missarien übergeben und eine Zentraluntersuchungskommission zur 
Entdeckung der (gefürchteten) Verschwörungen und zur Bestrafung 
aller Beteiligten niedergesetzt. 
Diese Reaktion war der weitern Einführung der konstitutionellen Regierung in 
die einzelnen deutschen Ländern hinderlich. König Friedrich Wilhelm entfernte 
(im Todesjahr Blüchers) die Männer des Fortschrittes, Wilhelm von Humboldt, 
Beyme (Stein war längst ins Privatleben zurückgekehrt), und liefs zuletzt sogar 
Jahns Turnplätze in Berlin schliefsen (Görres lebte als Flüchtling in der 
Schweiz). 
Zwar gelang Metternich die Aufhebung der Verfassung in jenen Mittel¬ 
staaten auch durch die „Wiener Schlufsakte“ des folgenden Jahres nicht, 
dagegen wurde festgesetzt, dafs in der Person der Fürsten die gesamte Staats-
	        
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