König Ariedrich Wilhelm IV. (1840—1861.)
I. Das Leben des Königs.
Äm 15. Oktober 1795 donnerten zweinndsiebenzig Ka¬
nonenschüsse über Berlin hin und verkündeten der Hauptstadt die
Geburt eines Prinzen. Die Kronprinzessin Luise hatte ihren
Gemahl, den nachherigen König Friedrich Wilhelm III., mit
einem Söhnlein beschenkt, und darüber herrschte nicht nur in der
kronprinzlichen und königlichen Familie, sondern auch im ganzen
Lande die größte Freude. Die hohen Eltern priesen sich glücklich
über den Besitz eines herzigen Kindleins, die Großeltern wegen
eines Enkelchens, und das Volk sah in dem kräftig aufblühenden
Sprossen den späteren Thronerben. Und was für ein Mann
mußte der werden, der sich solcher Eltern rühmen konnte, wie
der kleine Friedrich Wilhelm! Alle Welt kannte und schätzte
das kronprinzliche Paar, das Preußenvolk sah mit innigstem
Vertrauen zu seinem Thronerben und seit 1797 zu seinem guten
Könige Friedrich Wilhelm III. und seiner treuen Landesmutter
Luise aus.
Unter der herzlichen Fürsorge wuchs denn auch der kleine
Prinz, der sich in seinem vierten Lebensjahre bereits Kronprinz
nennen durfte, zu einem blühenden Jünglinge heran. Die lie¬
bende Mutter versäumte nichts an seiner Erziehung, richtete
frühzeitig seinen Blick zu Gott, der auch ein Herr der Erden¬
fürsten ist, flößte ihm die Liebe zu dem Volke ein, die sie selbst
so innig beseelte, und lenkte seine Aufmerksamkeit aus seine großen
Vorfahren. Der Vater aber sorgte dafür, daß ihm auch Männer
als Lehrer zur Seite standen, die mit ihrem tiefen Wissen und
ihrem edlen Charakter den Geist des lernbegierigen Knaben in
feste Bahnen lenkten. Und was Menschen etwa versäumten, da
hals der Herr ein. Der Kronprinz war kaum zehn Jahr alt,
da umdüsterte sich der Himmel, und im Jahre 1806 brach das
Kriegswetter über Preußen herein mit all seinem Unglück und