Wilhelm I.
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von seinem guten König. Da erschien ein Leibjäger des Mo¬
narchen und brachte dem wunden Geburtstagskind eine goldene
Uhr nebst Kette, die ihm sein guter König Wilhelm zum Andenken
an diesen schönen Tag schenkte.
Oftmals wird der Glückliche gefragt, wo er die schöne Uhr
her habe. „Ratet einmal!" heißt es dann jedesmal. Haben
die neugierigen Frager nun lange genug und vergeblich hin und
her geraten, dann löst er gewöhnlich das Rätsel selbst und mit
strahlendem Gesicht ruft er: „Von meinem König, von meinem
guten Kaiser Wilhelm ist sie."
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Die „Erl. e. Saarbr." erzählt:
Am 10. August 1870 fuhr der Kaiser Wilhelm auf das
Schlachtfeld, dasselbe zu besichtigen. Tags darauf besuchte er
mehrere Lazarette und verweilte teilnehmend bei den einzelnen
verwundeten Kriegern.
In das Bürgerspital kam der König ganz unangemeldet.
Die vorstehende Schwester, in voller Arbeit, mit der Küchett-
ftiürze und die Ärmel aufgestreift, traf er im Hausgange. Er
redete sie an: „Liebes Kind, ich bin der König, ich wollte hier
meine Leute besuchen." Die Diakonissin führte ihn nebst seinem
Adjutanten die Treppe hinaus. Er ging von Zimmer zu Zimmer
und sprach mit jedem einzelnen, indem er sich nach seiner Wunde,
seinem Regiment rc. erkundigte. Dann stieg er die Treppe hin¬
unter und wollte sich verabschieden, als die Schwester ihm bemerkte,
oben unter betn Dache lägen auch noch Verwundete. Der König
bedauerte, bei seiner Ermübung unb ba er noch in einem Privat¬
hause bett Verwnnbeten einen Besuch zu machen versprochen habe,
nicht mehr bie anbern besuchen zu können, unb war schon vor
der Thür seinem Wagen zugeeilt, da kam die Schwester, welche
die oben liegenden Kranken verpflegte, die Treppe hinab mit der
lauten Frage: „Wo ist er benn?" Unb auf bie Bemerkung: „Vor
ber Thür können Sie ihn sehen", trat sie näher an bett König
heran unb erklärte: nicht für sich, sonbern für bie Verwnnbeten,
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