108
B. Brandenburgisch-preußische Geschichte.
b) Dämpfung österreichischer vergröherungsgelüste; Stiftung des Zürstenbundes.
3m Jahre 1765 starb Kaiser Franz I., der Gemahl Maria Theresias. Ihm folgte in
3 o \ e p h II. ein ehrgeiziger Fürst, der auf jede weise den Machtbereich seines Hauses
zu erweitern suchte. Als Ende der 70er 3ahre der bayrische Kurfürstenstuhl erledigt war,
suchte sich3oseph großer Teile des Landes zu bemächtigen, indem er den neuen schwächlichen
Kurfürsten zur friedlichen Abtretung von Grenzgebieten bewog. König Friedrich trat diesem
Beginnen im Bunde mit dem Herzog von Zweibrücken und dem Kurfürsten von Sachsen,
die beide selbst Erbrechte auf Bayern hatten, entgegen, weniger durch einen fast er¬
gebnislos verlaufenen Einmarsch in Böhmen (den Kartoffelkrieg), als vielmehr durch
den Einfluß seiner geachteten und gefürchteten Persönlichkeit brachte Friedrich den Kaiser
von seinem vorhaben ab. Nur das bayrische 3nnviertel fiel an Österreich. Doch bald
wurden neue Pläne des Kaisers laut. 3n Übereinstimmung mit den Herrschern von
Bayern und Württemberg sollten deren Länder an Österreich fallen. Dafür wollte er
sie mit auszerbeutschen Besitzungen Österreichs entschädigen, und zwar Bayern mit den
Niederlanden, Württemberg mit dem italienischen Herzogtum Modena, fluch hier trat
Friedrich für die (Erhaltung deutscher Fürstentümer auf den Plan. 3m3ahrel785 stiftete er
in Berlin im verein mit den meisten Herrschern Deutschlands den Deutschen Fürsten-
bund, durch den sie sich gegenseitig die Erhaltung des Landbesitzes sicherten. Es war
ein Vorspiel zu der fast hundert 3ahre später erfolgenden Einigung Deutschlands unter
preußischer Führung.
9. ver stusgang -es Königs.
Das Alter des Königs war einsam. Die liebsten verwandten starben ihm
schnell dahin, mit den übrigen pflegte er wenig Verkehr. Das letzte 3ahr wurde ihm
durch schwere Leiden, Wassersucht und Darmkrankheit, sehr getrübt. Unerschütter¬
lich, wie er so oft im Felde dem Tode getrotzt, schaute er seiner letzten Stunde
entgegen. 3n den frühen Morgenstunden des 17. August 1786 verschied er in den
Armen eines treuen Kammerhusaren. Entgegen seinem Wunsche, an einer von
ihm selbst bezeichneten Stelle im (Barten seines geliebten Sanssouci seine letzte
Ruhe zu finden, wurde er in der (Barnisonfirche in Potsdam neben seinem Vater
beigesetzt. „Wer wird nun die Welt regieren?" meinte ein schlichter schwäbischer
Bauer, und ein kluger französischer Staatsmann hielt es für fraglich, ob Preußen
bestehen könne ohne Friedrich den Großen.
XII. Friedrich Wilhelm II. (1786-1797).
1. Das äußere Ansehen und die innere Kraft des Staates gehen zurück.
vorausschauend hatte Friedrich der Große gesagt: „Meine Nachfolger werden
mehr getan haben als ich, wenn es ihnen gelingt, dem Staate das zu erhalten,
was ich ihm erworben habe." Aber schon der erste Erbe der Krone, Friedrich
Wilhelm II., der Sohn des während des Siebenjährigen Krieges verstorbenen
Prinzen August Wilhelm, war nicht der ZTCann, in den Bahnen seines großen
©Heims weiterzuschreiten. ZTTild und gütig, mit reichen Kenntnissen ausgestattet,
schaffte er dem Lande allerdings eine Reihe von Erleichterungen und suchte die
Kulturentwicklung in anerkennenswerter Weise zu fördern. Das konnte aber nicht
hindern, daß die innere Kraft des Staates nachließ, und das Ansehen, dessen sich
Preußen unter Friedrich dem Großen im Rate der europäischen Mächte erfreute, all¬
mählich verblaßte.
Gleich nach seinem Regierungsantritt beseitigte der König die verhaßte Regie,
konnte dafür aber feinen Ersatz an Einkünften schaffen. Kein Wunder, daß bei