Full text: Geschichte für mecklenburgische Schulen

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Königs, um wichtige Staatsangelegenheiten mit ihm zu besprechen. Alle Hof¬ 
sitte wurde hier beiseite gesetzt; der König galt nur als Oberst, und niemand 
durste sich erheben, wenn er kam, noch wenn er ging. Er selber rauchte gern; 
wer von den Gästen diese Leidenschaft nicht teilte, wie der alte Dessauer, nahm 
wenigstens zum Schein eine Pfeife in den Mund; denn der König freute sich, 
wenn alle rauchten. Bediente waren nie zugegen. Bor jedem Gaste stand ein 
Krug Bier, und aus einem Nebentische fand man Butter, Brot, Braten und 
Schinken, wovou jeder nach Belieben nehmen konnte. 
6. Aufnahme der Salzburger. 1729 verlangte der Erzbischof von Salzburg 
von allen evangelischen Untertanen, daß sie katholisch werden sollten. Da sie sich 
weigerten, wurden sie hart bedrängt, und die meisten entschlossen sich zur Aus¬ 
wanderung. Friedrich Wilhelm aber nahm diese Unglücklichen freudig in fein 
Land auf, gab ihnen in Ostpreußen, wo zur Zeit seiues Vaters ganze Dörfer 
mfolge der Pest ausgestorben waren, Ländereien, Vieh und Ackergerät, und tat 
alles mögliche, ihnen die neue Heimat lieb zu machen. 
7. Als Landesvater. Noch aus dem Dreißigjährigen Kriege her gab es 
in Stadt und Land viele wüst liegende Häuser. Um nun die Leute zum 
Häuserbau zu ermuntern, gab er ihnen Geld und erließ ihnen auf 15 Jahre 
alle Steuern. Er gründete 13 neue Städte und 332 Dörfer. Sehr viel tat er 
auch für die Verschönerung Berlins. Er wies den Leuten Bauplätze an und 
gab ihnen freies Bauholz und einen Teil der Baukosten. Dann aber hieß es: 
„Der Kerl hat Geld, muß bauen." Wer etwa Einwendungen machen wollte, 
den wies er streng zurück mit den Worten: „Räsonier' Er nicht!" Überhaupt 
besaß der König einen unbeugsamen Willen. Was er wollte, setzte er durch. 
Sein Wahlspruch war: „Er (der preußische Adler) weicht der Sonne nicht." Für 
das platte Laud waren damals die Wölfe noch eine schreckliche Plage. In 
manchen Gegenden gab es mehr Wölfe als Schafe. Der König gebot daher, die 
Wölfe niederzuschießen, und zahlte für jeden erlegten Wolf 2—6 Taler. Wüste 
Gegenden ließ er durch Ansiedler aus Schwaben, Franken uud Niedersachsen 
bebauen. Auf seinen Domänen in Litauen befreite er alle Bauern von der 
Hörigkeit. Für die Bauern der Edelleute konnte er diese Befreiung nicht 
durchsetzen. In einer Verfügung aber verbot er den Amtleuten, ihre Be¬ 
diensteten (Fronarbeiter) mit Stock- oder Peitschenschlägen zur Arbeit anzutreiben. 
Jeder Übertreter sollte das erstemal mit sechswöchigem Karren, das zweite¬ 
mal mit dem Strange bestraft werden. In Berlin gründete er eine große 
Tuchfabrik; denn sein Heer sollte nur mit inländischem Tuch gekleidet werden. 
Auch verbot er seinen Untertanen, anderes als inländisches Tuch zu tragen. 
Einmal begegnete ihm vor der Stadt eine Frau, die ein ausländisches Kattun¬ 
kleid trug. In seinem Zorn befahl er feinen Dienern, ihr das Kleid vom Leibe 
zu reißen. An seinem Hofe duldete er überhaupt nichts Ausländisches. Ganz 
besonders aber eiferte er gegen die französische Mode, die damals flitterhafte 
Kleider und einen langen Haarbeutel (Perücke im Beutel) vorschrieb. Er führte 
eine einfache „deutsche" Tracht ein, und die Wolkenperücke vertauschte er mit 
dem steifen Zopfe. Um die Bildung des Volkes zu heben, ließ er nach und 
nach über 1800 Landschulen anlegen. Jedes Kind sollte vom 6. bis zum 12. 
Jahre die echule besuchen, und wenn es nicht lesen und schreiben gelernt hatte,
	        
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