Full text: Lesestoffe aus allen Teilen der Geschichte (4 = Erg.-Bd.)

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Gar manches wirkte zusammen, um ihm das Werk zu erleichtern 
und ihn vorzugsweise zu dessen Abschluß zu befähigen. Vor allem war 
es doch schon lange vor ihm begonnen uud gerade durch die Arbeit lemer 
Vorgänger gefördert worden. Auch ihre Mühe war keine vergebliche ge¬ 
wesen. Zum Ziel waren sie freilich nicht gelangt, aber sie hatten den 
Boden empfänglich gemacht, den Glauben an die heidnischen Götter er¬ 
schüttert und überall die Kunde vom Christentum verbreitet. Scharen¬ 
weise waren seit dem Ansang des siebenten Jahrhunderts die Glaubeus- 
boteu von Britannien aus nach Deutschland gezogen, hatten auf den 
verschiedensten Punkten gelehrt und getauft, Gemeinden gesammelt und 
Klöster und Kirchen gegründet. 
©obann war die Verbindung mit dem fränkischen -Ketch nach den 
ersten glücklichen Kriegen Karl Martells eilte viel festere und innigere 
geworden. Dem politischen Einfluß des großen Kriegshelden und Staats¬ 
mannes konnte sich der deutsche Osten nicht länger entziehen, lieberall 
wurde das Christentum im Lande wenigstens gebnlbet. uub ber Grundsatz 
von bem persönlichen Recht ber Stämme äußerte auch auf religiösem 
Gebiet seine Wirkung. Mit ber steigeuben Macht bes fränkischen Herzogs 
würbe aber im Innern Deutschlands zugleich die Berührung mit dem 
Christentum eine innigere und manuigsachere; jeder Dienst am Hof oder 
im Heer trug zur Verbreitung desselben bei, selbst wenn Karl Martell, 
ber damals in ber Stellung eines fränkischen Hausmeiers mit kräftiger 
Hanb bas Reich leitete, unmittelbar gar nichts zum Schutze ber Mission 
getan hätte. Denn baß in bem christlichen Franken nur Christen mit 
wichtigen Aemtern und Vertranensstellen bekleidet würben, verstaub sich 
ebenso von selbst, wie ehebem im römischen Reich, feitbem es christlich 
geworben war. Aber es blieb babei nicht. Jahraus, jahrein würben 
christliche uub heibnische Scharen zum Heerbann aufgeboten und kämpften 
gemeinsam, wenn auch die Heiden vielleicht unbewußt, für die Ver¬ 
teidigung bes christlichen Reiches unb barmn auch bes christlichen Glaubens. 
Vollends in den entscheibenben Kämpfen gegen bie Araber lernten Romanen 
uub Germanen, Christen uub Heiben sich als Angehörige ein unb ber- 
selben nlienblänbischen Gemeinschaft im Gegensatz gegen bie frembe Welt 
bes Islam kennen uub wie Brüber zusammenstehen : es war bas Kreuz, 
was bett Sieg errang, nicht Wotan, Donar oder Ziu. 
Auch direkt begünstigte Karl ans politischen Gründen, eben im 
Interesse der Einheit des Reiches, das Christentum. Das war^ früher, 
solange die Verbindung eine lockere war, unmöglich gewesen. Je mehr 
aber seine Macht stieg, desto mehr fielen die Schranken, welche die fran¬ 
zösischen Könige ehedem zur Schonung des heidnischen Glaubens genötigt 
hatten. Gesteht doch Bonisatius selbst in seinen Briefen, daß er ohne 
die Unterstützung Karls nichts hätte ausrichten können. 
Aber es war noch ein drittes, was Bonisaz mächtig unter die Arme 
griff: seine Verbindung mit Rom und die überaus wirksame und nach¬ 
haltige Unterstützung, die er von dort aus erfuhr. Es ist unleugbar, 
daß der römische Name im siebenten und achten Jahrhundert jtoch seinen 
alten Zauber aus die germanische Welt ausübte und die geistliche Herr-
	        
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