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der aristokratische Sulla. Tie zwischen beiden bestehende Eifersucht kam
zum Ausbruch beim Beginne des Mithridatischen Krieges, 88 v. Chr.
Mithridates, König von Pontns, ausgezeichnet durch eine un¬
gewöhnliche Geisteskraft, mannigfache Kenntnisse (er soll 22 Sprachen ge¬
sprochen haben), Ausdauer und eine allen Anstrengungen und Entbehrungen
trotzende Körperkraft, doch ohne sittlichen Halt, herrschsüchtig und grausam,
hatte sein Reich auf Kosten römischer Bundesgenossen erweitert; auch wurden
auf seinen Befehl an einem Tage alle in Asien lebenden Italiker (80000
an der Zahl) ermordet. Die Römer erklärten ihm deshalb den Krieg
und übertrugen die Führung desselben dem zum Konsul ernannten Sulla.
Diese Auszeichnung des noch jugendlichen Konsuls weckte den Neid des
alten kriegslustigen Marius, der, an der Spitze der Volkspartei stehend,
ihm den Oberbefehl zu entreißen suchte. Auf diese Nachricht kehrte Sulla,
der mit dem Heere bei Nola stand, sofort nach Rom zurück und vertrieb
den Marius, welcher mit seinem Sohne sowie zehn seiner Anhänger geächtet
wurde und unter vielen Gefahren nach Afrika entkam. Nachdem Sulla
in Rom das Ansehen des Senates wiederhergestellt hatte, schiffte er sich
nach Griechenland ein. Auf die Kunde hiervon kehrte Marius nach Rom
zurück und gewann mit Hilfe des Konsuls Ciuna die Oberhand. Beide
übten blutige Rache an den Anhängern Sullas und erfüllten Rom durch
ihre Raub- und Mordgier mit Angst und Schrecken. Über ganz Italien
verbreitete sich das Wüten der Marianischen Partei, dem auch durch den
Tod des Marius (86), der eben in einem Alter von mehr als 70 Jahren
zum siebenmal die Konsulwürde erlangt hatte, kein Ziel gesetzt wurde.
Unterdessen hatte Sulla das mit Mithridates verbündete Athen erobert
und seinen Gegner selbst burch zwei glänzende Siege bei Chäronea (86)
und Orchomenos (85) zu einem Frieden gezwungen, in welchem der
Besiegte die gemachten Eroberungen herausgab (84). Sulla eilte nun
nach Italien zurück, um die Marianische Partei zu stürzen. An deren
Spitze stand seit dem Tode (Sinnas, den seine Soldaten in Ancona
erschlagen hatten, der jüngere Marius, an wilder Grausamkeit seinem
Vater ähnlich, doch minder ausgezeichnet durch Feldherrntaleut. Nach
errungenem Siege ließ Sulla über die Anhänger des Marius eine Ver¬
folgung ergehen, die an unmenschlicher Grausamkeit die von der Gegen¬
partei geübte Rache fast noch übertraf. Nachdem viele Tausende bereits
, in Rom und den übrigen Städten niedergemetzelt worden, erschienen sog.
Proskriptionen, d. H. Namensverzeichnisse derjenigen, auf deren Er¬
mordung eine Belohnung gesetzt war. Allein 90 Senatoren und 2600
Ritter waren unter den Geächteten. Nach der gänzlichen Vernichtung der
Gegenpartei ließ sich Sulla aus unbestimmte Zeit zum Diktator ernennen
und stellte die Herrschaft des Adels wieder her (82); doch schon nach
drei Jahren legte er freiwillig bie Diktatur nieber unb zog sich auf sein
Sanbgut in Kompanien zurück, wo er im folgerten Jahre (78), erschöpft